Vita
Helmut Voitl ist Regisseur, Kameramann, Editor, Fotograf und Autor. Er wurde 1939 in Dresden geboren. 1945 überlebte er die Bombardierung und Zerstörung der Stadt Dresden und übersiedelte 1946 mit seiner Familie nach Wien, die Heimatstadt der Eltern. Während der entbehrungsreichen Nachkriegszeit verbringen er und seine beiden Geschwister viel Zeit bei den Pfadfindern (Österreichischer Pfadfinderbund). In dieser Organisation engagiert sich Helmut Voitl als Jugendlicher für Erneuerungen in den Erziehungs- und Führungsstrukturen und bietet ab 1957 erstmals selbst Co-edukative Sommercamps für Teilnehmer und Teilnehmerinnen von sechs bis siebzehn Jahren an. Er organisiert Initiativen für den Naturschutz und 1956 zahlreiche Einsätze für die Ungarnhilfe.
Nach der Pflichtschule wird er auf Wunsch des Vaters ab 1957 in einer Höheren Technischen Lehranstalt zum Starkstromtechniker ausgebildet. Zeitgleich absolviert er im „Institut für vergleichende Verhaltensforschung“ am Wilhelminenberg in Wien bei Prof. Dr. Konrad Lorenz und Prof. Otto König ein Volontariat als Tierpfleger und Tierbeobachter. Schon 1953 nahm er an einer wissenschaftlichen Expedition nach Nordafrika teil, die der Suche nach der Elefantenspitzmaus gewidmet war.
Dieses Erlebnis als Jugendlicher mit Erwachsenen zusammenarbeiten zu dürfen, hat großen Einfluss auf den späteren Filmregisseur. Otto König war es, der Voitl motivierte ab 1960 an der „Höheren Graphischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt” in Wien zu studieren. Er inskribiert das Fach Fotografie, das Fach Film gab es damals erst in einem Status nascendi.
Danach begibt sich Helmut Voitl auf eine fast dreijährige „Wanderung“: Er trampt durch Südosteuropa, Türkei, Persien, Pakistan, Kaschmir, Indien, Ceylon, Malaysia, Australien - und zurück. Diese Zeit ermöglicht ihm prägende Begegnungen mit Menschen, Kulturen, Religionen und auch Philosophie. Denn in Kalkutta trifft er den Philosophen Arnold Keyserling und dessen Frau Wilhelmine, geb. Auersperg. Er verbringt längere Zeit als Studierender der Keyserling’schen “Schule des Rades” bei dem Paar. Bis zum Tod der beiden blieb Helmut Voitl mit dem Ehepaar Keyserling freundschaftlich eng verbunden.
Voitls emphatische Kontaktfreudigkeit, seine Fähigkeit zu genauer Wahrnehmung und sein ausgeprägter Drang Neues zu erforschen, also seine Neugier, entwickelt er während seiner „Wanderjahre“ zur Meisterschaft. Diese Phase seines Lebens bezeichnet er als besonders wichtig für sein späteres filmisches Schaffen.
1962 arbeitet er in Australien bei „Eastman Kodak, Australasia“ in Melbourne und kehrt Ende 1962 zurück in Europa. Er bildet er sich hier zum Kameramann aus und arbeitet bei Produktionen des ORF für Magazinbeiträge, Fernsehspiele, Musikfilme, Kulturfilme und auch Werbung (siehe Kapitel Aufwind). 1964 leistet er Präsenzdienst beim Österreichischen Bundesheer, schreibt 1966 sein erstes Drehbuch und führt im Auftrag des Österreichischen Bundesministerium für Landesverteidigung Regie für den Kurzfilm „Notwendig?“. Dieser setzt sich vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und der atomaren Aufrüstung mit dem Thema Landesverteidigung auseinander.
In der Folge kann er bei Regisseuren wie Peter R. Hunt, Billy Wilder, Axel Corti und Georg Lhotsky seine Fähigkeit Regie zu führen, weiterbilden. 1967 erarbeitet er Filme im Auftrag von IAEA , UNDP und Verbund-Energie und er erhält Aufträge aus der Werbebranche.
Ab 1968 arbeitet er als Dokumentarfilmemacher im Auftrag des ORF, SRG, ZDF, BR, NDR. 1973 begegnet er Elisabeth Guggenberger. Sie nimmt seine Einladung mit ihm Filme zu machen an. Gemeinsam entwickeln sie neue Formate des Dokumentarfilms (u.a. „prozessual-partizipative Filmarbeit“, also Filmerzählungen, die über längere Zeiträume Themen und Menschen begleiten); sowie „public journalism“. Es entstanden mehr als hundert Dokumentarfilme (45 min., 60 min – 120 min Länge) und Serien zu gesellschaftspolitisch und kulturell relevanten Themen.
Viele Filme erhielten nationale und internationale Auszeichnungen.