Die Kommune Wien

1967

Inhalt

Die erste Kommune (eine Wohn- und Lebensform für politische und gesellschaftliche Alternativen) in Wien wurde 1967 vom Schriftsteller Robert Schindel und anderen gegründet. Die „Kommune Wien“ trat am 3. Oktober 1967 erstmals als informelle Gruppe auf. Günther Schifter, ein Journalist, machte über diese Gruppe einen Bericht und engagierte Helmut Voitl für die Dreharbeiten wegen seiner „Kamera-Flexibilität“. Später drehte Voitl auch in der „Otto Muehl - Kommune“.

Robert Schindel sagt über diese Zeit: „Im Vergleich zum Wind in Deutschland waren wir mit unseren „Wiener Spaziergangs Demonstrationen“ ein Lüfterl. In Wien herrschte eine schreckliche Prüderie, für uns 20- bis 25-Jährige war das alles völlig unverständlich. Wir mussten kilometerweit gehen, um wenigstens einmal die nackte Brust einer Frau zu sehen. Heute erleben wir genau das Gegenteil, aber damals empfanden wir die Verkündigungen der sexuellen Revolution als sehr prickelnd. Bis dahin waren wir von braven Nazis umgeben, die danach brave Wiederaufbauer waren. Zur Erinnerung: In Vorarlberg war in diesen Tagen das Tragen von Bikinis noch behördlich verboten.“

Die „Kommune Wien“, war der radikalste, aber in keiner Weise terroristische Teil der österreichischen Studentenbewegung; sie bestand aus rund 30 Leuten. Der kurze Frühling der Kommune Wien hat vom Herbst 1967 bis zu der als „Uni-Ferkelei“ titulierten Hörsaalaktion am 7. Juni 1968 gedauert. Auch diese dokumentierte Helmut Voitl als Kameramann im Auftrag eines amerikanischen Fernseh-Redakteurs.

Credits

Fotos

Weiterführende Notizen

Der 1944 in Bad Hall geborene Robert Schindel, dessen jüdische Eltern aus Frankreich nach Österreich geschickt wurden, um hier den Widerstand gegen das NS-Regime zu organisieren, brachte 1967 zusammen mit seiner damaligen Freundin die Lebensform der Kommune von Berlin nach Wien.

Die von Otto Muehl 1970 etablierte Kommune in der Praterstraße beschrieb der Kommunarde Karl Iro Goldblat als „ein Auffanglager für junge Künstler, Studenten und skurrile Existenzen am Rande der Gesellschaft“. Freie Sexualität mit wechselnden Partnern wurde zur Norm erklärt. Unter dem Einfluss der Schriften von Wilhelm Reich und mit den Erfahrungen seiner künstlerischen Aktionen aus der Freud’schen Verbalanalyse entwickelte Muehl die „Aktionsanalyse“ (AA) als Mittel der Enthemmung durch Selbstdarstellung. Muehl: „Der Selbstdarsteller braucht keinen Analytiker, er braucht einen in der Selbstdarstellung erfahrenen Regisseur, der den Weg zur Ekstase kennt.“ Dieser Regisseur war Otto Muehl selbst.

1962 fand in Muehls Kelleratelier die erste aktionsähnliche Veranstaltung „Die Blutorgel“ statt, an der Muehl sowie Adolf Frohner und Hermann Nitsch beteiligt waren. Die Idee wurde im Frühjahr 1963 zusammen mit Nitsch im „Fest des psycho-physischen Naturalismus“ radikalisiert.

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