2004: Tsunamihilfe
Am 26. Dezember 2004, als sich der Tsunami im Indischen Ozean ereignete, machten Voitl und Guggenberger Urlaub in Sri Lanka. Hunderttausende Menschen kamen bei dieser Flut-Katastrophe ums Leben oder wurden schwer verletzt, die beiden blieben unversehrt.
Im Küstenbereich ihres Urlaubsortes Beruwala wurden nicht nur viele Hotels, sondern auch zwei zur Stadt gehörende Fischersiedlungen, Maradana und Paranakady/Banderawatte, zerstört. Maradana war von Muslimen bewohnt, das angrenzende Nachbardorf Paranakady/ Banderawatte von Buddhisten und Christen.
Als Voitl und Guggenberger am Tag nach der Katastrophe die Dörfer besuchten und das Leid der Bewohner sahen, fassten sie den spontanen Entschluss, nicht nach Hause zu fahren, sondern zu bleiben, um Hilfe zu leisten. Sie sprachen mit Betroffenen und dem Bürgermeister von Beruwala, um herauszufinden, welche Hilfe benötigt wird. Die Fischer in den beiden Dörfern hatten nicht nur Boote, Motore und Netze, also die Basis ihres Einkommens verloren, sondern viele waren auch obdachlos geworden, da ihre Häuser total zerstört oder schwer beschädigt waren.
Am 31.12. 2004 besuchten Voitl und Guggenberger in der Hauptstadt Colombo einen vom österreichischen Konsulat empfohlenen sri-lankischen Unternehmer: Mr. Kattar Aloysius, Inhaber der Firma Free Lanka Trading Co.Ltd.. Seine Firma war u.a. auch im Bauwesen tätig. Mr. Aloysius erklärte sich bereit, Voitl und Guggenberger bei ihrem Vorhaben ein Hilfsprojekt zu realisieren, mit dem Know How seiner Firma zu unterstützen. Er stellte seinen Mitarbeiter, Ing. Manoj Fernando, als Konsulent und Berater für das österreichische Hilfsprojekt zur Verfügung. Das Hilfsprojekt erhielt den Namen “Give Hope”.
In einem Projektpapier beschrieben Voitl und Guggenberger samt einer ersten Kostenschätzung die Dimension der notwendigen Hilfe für Maradana und Paranakady/ Banderawatte und schickten es Anfang Jänner 2005 an Kurt Bergmann, damals Leiter des Büros für humanitäre Angelegenheiten im ORF und in dieser Rolle für die von ihm initiierte Aktion „Nachbar in Not“ verantwortlich.
Kurt Bergmann brachte im Jänner 2005 das Give Hope-Projektpapier in die erste „Tsunami-Sitzung“ der Stiftung „Nachbar in Not“ ein. Es wurden für das Projekt € 900.000 genehmigt und die Caritas Österreich wurde als Kooperationspartner nominiert, ihr oblag das Controlling der finanziellen Mittel(siehe).
Voitl und Guggenberger hatten selbst Spenden von ca. € 40.000 für das Projekt gesammelt, ihre Arbeitsleistung für die Realisierung des Projektes vor Ort stellten sie kostenlos zu Verfügung. Für die Durchführung der Bauarbeiten engagierten sie Wolfang Welte, einen erfahrenen österreichischen Bauingenieur und dessen Frau, Ina Stoica, als Assistentin im Büro. Das Team wurde mit lokalen Mitarbeitern verstärkt: Frau M.H.F. Nawasiya, eine Sozialarbeiterin, Herr M.P. De Silva, ein Baumeister, Herr Ryfky Jaffer, ein Dolmetscher und die Brüder M.M. Feroos und M.F. Imram, zwei junge Burschen mit Organisationstalent.
Was konnte mit Hilfe dieses Teams realisiert werden?
Im Mai 2005 erhielten zwanzig Fischer neue Boote, Motoren und Netze.
Nach Erhebung der konkreten Schäden begannen im Juli 2005 die Reparaturarbeiten an 250 Häusern. In Maradana und Paranakady/Banderawatte wurden Dächer, Mauern und Böden instandgesetzt, der hygienische Standard von Küchen, Duschen und WC's wurde verbessert und - wo es möglich und notwendig war - wurde zusätzlicher Wohnraum geschaffen. Hilfe wurde in den Dörfern aber nicht nur für Tsunami-Opfer geleistet, sondern auch für die ärmsten Bewohner (z.B.: obdachlose Bettler). Ende 2005 war dieser zweite Teil des Hilfsprojektes, die Reparaturarbeiten, abgeschlossen.
Der dritte Teil des Projektes, der Neubau von Häusern, hätte im März 2006 abgeschlossen sein sollen. Da die Regierung kein passendes Bauland zur Verfügung stellte, war es notwendig selbst Baugründe zu finden und zu kaufen. Doch die Mittel dafür waren im vorhandenen Budget von Nachbar in Not nicht abgedeckt. Das Geld war ausschließlich für Baumaßnahmen gewidmet, für das Bauland wäre die Regierung zuständig gewesen. Voitl und Guggenberger konnten jedoch durch erneutes fund-raising das Geld, ca. € 200.000, aufbringen. Die Suche nach Bauland stellte sich als großes Problem heraus. Auf einem schließlich erworbenen Bauland erfolgte im Jänner 2006 die Grundsteinlegung. Im Dezember 2005 waren in der Region Beruwala zwischen Buddhisten und Muslimen ethnische und politische Konflikte ausgebrochen. Diese führten auch zu einem Stopp der “Give Hope”-Bauarbeiten: Sympathisanten einer radikal-buddhistischen Mönchspartei besetzten das Bauland, da sie verhindern wollten, dass für muslimische Tsunamiopfer Häuser gebaut werden. Das Projekt drohte zu scheitern. Erst nach langer Bemühung als Mediatoren schafften es Voitl und Guggenberger das Projekt fortführen zu können. Ende März 2006 konnte mit den Bauarbeiten für die zwei neuen Dörfer begonnen werden: Das Dorf „Ambepitiya" für muslimische Familien, das Dorf „Ganearamba" für singhalesische Familien. Zusätzlich wurden noch einige Einzelhäuser für muslimische Familien im Bereich von Maradana gebaut. Ende Oktober 2006 waren insgesamt 76 neue Häuser fertiggestellt. Alle Häuser und die dazu gehörigen Grundstücke wurden übergeben und in das Eigentum der Familien übertragen.
Durch den intensiven persönlichen Kontakt zu den Bewohnern der Dörfer, entstand eine Gruppe initiativer Frauen und Männern, welche soziale und ökologische Probleme in Zukunft eigenständig lösen will.
Finanziert wurde das Hilfsprojekt – wie schon erwähnt - aus Mitteln von „Nachbar in Not", aus Mitteln der privaten Spendensammlung der Initiatoren, sowie einer finanziellen Unterstützung der „Austrian Development Agency".
Nach Abschluss des Projektes zeigte sich Christoph Petrik-Schweifer, damals Vorstandsmitglied von Nachbar in Not und Chef der Caritas-Auslandshilfe über die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Caritas und den Privatpersonen Voitl und Guggenberger sehr zufrieden: "Es freut mich sehr, dass sich das Engagement von Privatpersonen und unserer professionellen Hilfsorganisation bei Give Hope in einer so produktiven Weise ergänzt hat".
„Singhalesisch-buddhistische und moslemische Familien gleichermaßen zu unterstützen, erforderte von den beiden Initiatoren viel persönliches Engagement und ein gutes Gefühl für die besonderen Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort. Ich freue mich über den Einsatz und den Erfolg des Give Hope- Teams.", resümierte Michael Opriesnig , damals Vorstandsvorsitzender von Nachbar in Not.
Im Jahr 2015 publizierten Voitl und Guggenberger in dem Kinofilm “Help me, if you can!” ihre Erfahrungen und Erlebnisse während des Hilfsprojektes. Voitl hatte mit einer Videokamera das Projekt in einem “audiovisuellen Tagebuch” dokumentiert.
Fotos
Presse
20050518 APA; 20051201 Der Standard; 20050103 Profil, 20051221 Die Zeit, 2006 Profil
Fachartikel
Wiederaufbau nach der Tsunamikathastrophe in Sri Lanka - ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung? Masterarbeit Oktober 2010 von Maria Rutzmoser