Arktis Nordost
1995, 1996, 2003
(produziert 1992 bis 1995)
Inhalt
“Arktis Nordost“ (Titel des Gesamtprojektes) war ein vielschichtiges Projekt, welches die Produktion von Dokumentarfilmen auf Franz Josef Land, dem nördlichsten Archipel in der russischen Arktis, sowie die Wiederbelebung der Österreichischen Polarforschung zum Ziel hatte. Dieses Projekt wurde von 1991 bis 1996 für den Österreichischen Rundfunk realisiert. Anlass war das Gedenkjahr 1000 Jahre Österreich/Ostarichi im Jahr 1996.
Franz Josef Land war 1873 von der Österreichisch-Ungarischen Nordpolexpedition (1872–1874) unter der Leitung von Julius von Payer und Carl Weyprecht entdeckt und zu Ehren von Franz Joseph I., Kaiser von Österreich und König von Ungarn, „Kaiser Franz Joseph Land“ benannt. Um diese Entdeckerexpedition auf Originalschauplätzen filmisch rekonstruieren zu können, bemühten sich Voitl und Guggenberger 1991 von den (noch) sowjetischen Behörden die entsprechende Drehgenehmigung für Franz Josef Land zu erlangen; diese lag 1992 vor.
Franz Josef Land wurde 1926 sowjetisches Territorium und war bis zum Zerfall der Sowjetunion 1991 siebzig Jahre lang militärisches Sperrgebiet (unter Wladimir W. Putin wurde Franz Josef Land erneut zum militärischen Sperrgebiet erklärt). Als Folge dieser Sperre blieb auf den 191 Inseln die einzigartige arktische Fauna und Flora weitgehend intakt. Die ersten kartographischen Aufzeichnungen des Archipels stammen von Julius Payer. Die Entdeckerexpedition ist eine international anerkannte Leistung der Polarforschung des 19. Jahrhunderts.
Der arktische Archipel und seine Entdeckergeschichte waren die Themen von insgesamt fünfzehn Dokumentarfilmen. Sie wurden im Rahmen von vier Film- und Wisschaftsexpeditionen auf Franz Josef Land produziert. Die einzelnen Filme sind:
„Franz Josef Land - Diamant der Arktis“, 3 Dokumentarfilme für die ORF Serie “Universum” mit re-enactments á 50 min: Odyssee im Polarmeer, Oase im Eis, Weiße Wildnis.
Kinderfilm: Sumbu & Company, 3 Folgen á 30 min
Abenteuer-Serie: Glacionauten, 6 Folgen á 30 min
Doku-Fiction: Die Eisfalle, 90 min, auch als englische Version
Poetry Doc: paradise found – arctic soundscapes. 60 min
Murmansk Shipping Comp.: Partners of our Arctic Expeditions. 60 min.
Englische Versionen
Part 1: A Frozen Wilderness
Part 2: Arctic Quest
Part 3: Oasis amidst ice
Part 4: Filming through the Arctic Night (Making Of, BBC)
Serie “Universum”: Franz Josef Land – Diamant der Arktis
Folge 1: 02.01.1996,
Odyssee im Polarmeer, 50 min.
Das Expeditionsschiff „Admiral Tegetthoff" der österreichischen Polarexpedition unter Leitung von Carl Weyprecht und Julius von Payer begibt sich 1872 auf eine Fahrt in die damals noch unbekannte und unerforschte nordöstliche Arktis. Die Fahrt durch das Treibeis der Barentssee gestaltet sich abenteuerlich. Die aus Istrien und Italien stammenden Matrosen sind mit einer ihnen fremden Welt konfrontiert. Die Polarfahrer begegnen seltsamen Eisgebilden und noch nie gesehenen Meerestieren, wie Walrossen. Von deren Gefährlichkeit berichten alte Seefahrerlegenden. Als das historische Expeditionsschiff schon nach wenigen Wochen vom Eis endgültig eingeschlossen wird, ist es ständig in Gefahr zu sinken. Eispressungen bedrohen es fast täglich. Als „unfreiwillige Passagiere des Eises" driften Schiff und Mannschaft Richtung Nordwest. Mit der polaren Nacht beginnen die Schrecken der Kälte und der Finsternis. In der Silvesternacht 1872/73 umringen die Seeleute ihr vom Eis eingeschlossenes Schiff mit Fackeln. Julius von Payer, der Künstler und Abenteurer, will das Eis, die polare Nacht und das Schiff zeichnen. Auch minus 50 Grad Kälte können ihn davon nicht abhalten.
Auf den Spuren der historischen Entdecker fährt die moderne Filmexpedition "Arktis Nordost" mit einem Eisbrecher durch das Packeis der winterlichen Barentssee bis zum 81. Breitengrad.
Folge 2: 09.01.1996,
Oase im Eis, 50 min.
Die Mannschaft des Expeditionsschiffes „Admiral Tegetthoff" erlebt nach 125 Tagen polarer Finsternis das spektakuläre Ereignis des ersten Sonnentages mitten im Eismeer. Für jeden Polarfahrer ist der Tag des Sonnenaufganges nach der langen Finsternis einer Polarnacht ein bewegendes Ereignis. Ein weiteres Ereignis ist die Entdeckung des Franz-Josef-Landes. Das vom Eis eingeschlossene Schiff driftet bereits seit einem Jahr Richtung Nordwest, als am 30. August 1873 aus dem Nebel plötzlich die Küstenlinien eines bisher unbekannten Landes auftauchen. Das neu entdeckte Land wird nach dem damals regierenden österreichischen Kaiser „Franz-Josef-Land" genannt. Doch der arktische Sommer mit seinem gefährlichen Treibeis verhindert, dass die Entdecker das Neuland betreten können.
Die Teilnehmer der modernen Expedition „Arktis Nordost" können an Land gehen und erleben den Archipel als eine Oase im Eis. Dichte rote und grüne Moospolster, blühende Blumen, sogar kleine Pilze wachsen mit dem Beginn des kurzen arktischen Sommers im Juli in der Eiswüste des Franz-Josef-Landes und verändern es in eine bunte, belebte Oase.
Folge 3: 16.01.1996,
Weiße Wildnis, 50 min.
Die Mannschaft des Expeditionsschiffes „Admiral Tegetthoff" ist von den Strapazen der zweiten Polarnacht gezeichnet. Wie lange können die Männer in dieser weißen Wildnis noch überleben? Der Marsch der Polarfahrer durch das Packeis Richtung Süden ist ein dramatischer Kampf ums Überleben. Julius von Payer will den Archipel auf jeden Fall kartografieren. Drei Monate lang ziehen Carl Weyprecht, Julius von Payer und ihre Männer die Rettungsboote über das Eis Richtung Süden, bis sie offenes Wasser erreichen und von einem russischen Fischerboot gerettet werden. Auch nach den österreichischen Entdeckern haben Polarfahrer in der Wildnis des Franz-Josef-Landes um ihr Überleben gerungen. Fritjof Nansen war einer von ihnen.
Die „Arktis Nordost"-Expedition ist Payers Route nachgefahren, zeigt aber auch Fridtjof Nansens Winterlager auf Franz-Josef-Land und seinen Marsch mit Hjalmar Johansen quer durch den Archipel. Außerdem trifft Fridtjof Nansen in der weißen Wildnis auf Frederick Jackson, einen britischen Polarforscher.
Premiere der Universums-Trilogie: 17.11.1885, Stefaniensaal Graz; Einladung
Kinderfilm Serie: Sumbu & Company
Sumbu war der Name eines Schlittenhundes der historischen Entdeckerexpedition. Ein listiger und übermütiger Hund, zwei Jahre lang „fast die einzige Quelle der Heiterkeit“, wie Julius von Payer in seinem Expeditionsbericht schreibt. Dieser historische Schlittenhund war die Inspiration für eine arktische Abenteuergeschichte für Kinder (Drehbuch: Thomas Brezina).
Der 12-jährige Florian erlebt mit dem Husky Sumbu allerlei spannende Abenteuer während einer Expedition in die Arktis, an der er teilnehmen durfte.
Folge 1: 27.12.1995, 30 min.
Folge 2: 28.12.1995, 30 min.
Folge 3: 29.12.1995, 30 min.
Premiere im welt-museum Wien, 18.12.1995,
Expeditionsbericht (Making Of): Die Glacionauten
Die Serie erzählt von den vier ARKTIS NORDOST Expeditionen zum Franz Josef Land: Zwei Testexpeditionen 1992, eine Sommerexpedition 1993 und eine Winterexpedition 1994.
Folge 1: 13.1.1996, 30 min
Wer in der weißen Wildnis des Franz-Josef-Landes arbeitet, z.B. einen Film drehen möchte, muss Vorsorge treffen, um dort, jenseits des 81. Breitengrades, leben und überleben zu können. Für „Arktis Nordost" wurde die größte österreichische Arktis-Expedition ausgerüstet, die jemals durchgeführt wurde. Eine Expeditionsmannschaft von mehr als 30 Personen musste drei Monate lang im arktischen Sommer und drei Monate lang im arktischen Winter auf Franz-Josef-Land leben und arbeiten: Es wurden Zeltlager eingerichtet, Lebensmitteldepots angelegt, sowie Energieversorgung und Mobilität sichergestellt. Mehr als 100 Tonnen Expeditionsausrüstung mussten zum Basislager transportiert, entladen und aufbewahrt werden.
Der erste Teil des Expeditionsberichtes ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Filmexpedition im Sommer 1992 und 1993, zeigt den mühsamen Aufbau der Zeltlager, den abenteuerlichen und oft auch gefährlichen Expeditionsalltag. Dazu gehören Begegnungen mit Eisbären, Gefahren im Treibeis bei Schlechtwetter und Sturm. Leben in der Wildnis setzt Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Natur voraus. Deshalb hatten sich die Expeditionsteilnehmer verpflichtet, strikt auf umweltbewusstes Verhalten zu achten. Nach Abbau des Lagerplätze sollte nichts darauf hinweisen, dass sich hier Menschen aufgehalten hatten.
Folge 2: 14.1.1996, 30 min.
Während der Sommerexpedition 1993 wurde auch die nördlichste Filmkulisse der Welt, das 1:1-Modell des historischen Expeditionsschiffes „Admiral Tegetthoff" errichtet. Auch diese Arbeiten mussten mehrmals unterbrochen werden, weil sich neugierige Eisbären am Bauplatz herumtrieben und die Baumannschaft in Schach hielten. Die in diesem Sommer ungewöhnlich hohen Temperaturen von null bis plus drei Grad Celsius brachten die Baumannschaft ins Schwitzen und das Eis zum Schmelzen: Das Baufahrzeug, ein Traktor, brach im Eis ein und musste mühsam geborgen werden. Dennoch wurde die Attrappe rechtzeitig vor Winterbeginn, Anfang September 1993, fertig.
Das Expeditionsteam verlässt Franz Josef Land, um ein halbes Jahr später, im Februar 1994, für die Dreharbeiten in der polaren Winternacht an Bord eines russischen Atomeisbrechers zurückzukehren. Die Spannung vor Ankunft am Drehort war groß: Wie wird das Kulissenschiff nach fünf Monaten im Eis aussehen? Wird es die Stürme des arktischen Winters unbeschädigt überstanden haben? Als dann im Scheinwerferlicht des Eisbrechers der Dreimaster unversehrt und wunderschön vereist zu sehen war, war der Jubel groß. Die Rechnung war aufgegangen: Die nördlichste Filmkulisse der Welt präsentierte sich als spektakulärer Drehort für die filmische Rekonstruktion der historischen Entdeckung des Franz-Josef-Landes vor 120 Jahren.
Folge 3: 20.1.1996, 30 min
Die 70 Tage der Winterexpedition 1994 sind für Expeditionsteilnehmer und das technische Equipment ein Härtetest. Täglich muss bei Temperaturen von minus 40 bis minus 68 Grad Celsius stundenlang im Freien gearbeitet werden. Obwohl Polarexperten drei bis vier Stunden Außenaufenthalt pro Tag empfehlen, ist das Filmteam acht bis zehn Stunden ,,am Set". Die filmische Rekonstruktion der historischen Expedition im polaren Winter 1994 ist ein arktisches Abenteuer für sich. Um die Filmgeräte bei den tiefen Temperaturen funktionstüchtig zu halten, wurden eigene Kälteschutzeinrichtungen entwickelt. Für Film- und Videokameras wurden beheizte Schutzhüllen angefertigt. Die Arbeit der Kameracrew war schwierig und mit großen körperlichen Strapazen verbunden. Nur einige Beispiele: Metall, welches so niedrigen Temperaturen ausgesetzt ist, verursacht bei Hautkontakt sofort „Brandblasen", Lichtkabel waren so steif wie Bambusrohr, Requisiten waren im Schneesturm oft binnen Minuten von hohem Schnee bedeckt und mussten mühsam wieder ausgebuddelt werden. Manchmal setzte der Sturm so plötzlich und so heftig ein, dass nur mehr eine Holzstange als Markierung eingepflockt werden konnte, um am nächsten Tag die Gegenstände unter den Schneemassen wieder zu finden. Regisseur Helmut Voitl inszenierte das historische Abenteuer nicht mit professionellen Schauspielern, sondern mit den Expeditionsteilnehmern selbst. Über den Einsatz der Laiendarsteller sagt er: ,,Sie mussten keine Rollen spielen. Sie haben wie die historischen Polarfahrer die harte Realität der Arktis erlebt und durchlebt. Sie haben wie diese gegen Sturm, Kälte und Eis gekämpft. Nur war diesmal eine Kamera dabei..."
Folge 4: 15.12.1996, 30 min.
Diese Folge beginnt mit der Winterexpedition 1994 (Februar bis Mitte April). 120 Jahre nachdem Julius Payer in einem gefährlichen Fußmarsch Franz Joseph Land durchquert hatte, war das modern ausgerüstete Filmteam mit denselben Gefahren und Schwierigkeiten der Arktis konfrontiert, wie der historische Polarfahrer. Auch 1994 galt es den Kampf gegen die Kälte zu gewinnen, Menschen und Technik vor den eisigen Temperaturen (Tiefstwerte von minus 68 Grad) zu schützen. Dies war nicht immer einfach: So zum Beispiel streikte das für den Transport im Archipel unbedingt notwendige Pistengerät schon während des ersten Einsatzes, die Ölleitung hielt der enormen Kälte nicht stand und brach. Wie so oft in Extremsituationen fern aller Zivilisation waren Erfindergeist, Improvisationsgabe und gute Laune die wichtigsten Hilfsmittel, um sich aus der Bedrängnis zu retten.
Doch auch beim Einsatz von Hundeschlitten, dem traditionellen Fortbewegungsmittel in der Arktis, tauchten unerwartete Schwierigkeiten auf: Im Labyrinth der Eisschollen und Eispressungen fiel es den aus Österreich stammenden Huskys schwer, sich zu orientieren. In Europa laufen solche Huskys nur entlang der ausgesteckten Parcours sportlicher Wettbewerbe. Die arktischen Wildnis aber war auch für Huskys eine neue, unbekannte Erfahrung, für die Hundeführer eine Herausforderung, die es mit viel Geduld zu bewältigen galt.
Völlig unberechenbar ist in diesen Breitengraden das Wetter. Nicht nur das Filmteam, sondern auch die an der Expedition teilnehmenden Wissenschaftler sahen sich mit großen Problemen konfrontiert, wenn ein binnen Minuten auftretender Schneesturm die Arbeit im Freien unmöglich machte. Ein mit teuren wissenschaftlichen Messgeräten ausgestatteter Ballon drohte verloren zu gehen. Die dramatische Sicherung des wildgewordenen Flugkörpers zeigt, wie gefährdet jede menschliche Tätigkeit hier ist.
Folge 5: 22.12.1996, 30 min
Diese Folge erzählt über die Tücken und Gefahren, die das Expeditionsteam während des arktischen Sommers 1993 zu bewältigen hatte. Das brüchige Treibeis erschwerte jede Mobilität und stellte eine enorme Gefahr für jede Art von Schiff oder Boot dar. Schon die Errichtung des ersten Basislagers der Filmexpedition im Süden der Inselgruppe, auf Insel Northbrook, war ein schwieriges Unterfangen. Ein dichter Treibeisgürtel verbarrikadierte den Zugang zur Küste. Die Entladung der Expeditionsgüter vom Transportschiff an Land geriet zum riskanten Kampf gegen eine driftende Armada von Eisbergen.
Auch die Suche nach einem Ende des 19. Jahrhunderts vor dieser Küste gesunkenen, britischen Forschungsschiff wurde durch den Treibeisgürtel vor der Küste enorm erschwert. Mit Unterstützung eines Eisbrechers und dem Einsatz von Sonargeräten wurde anhand alter Dokumente der mögliche Ort des gesunkenen Dreimasters eruiert. Das Taucherteam ließ sich von den Pack- und Treibeisschollen nicht abschrecken nach dem gesunkenen Schiff zu suchen. Schließlich wurde die Situation zu riskant. Wind und Wellen verstärkten die Drift. Die Taucher drohten zerquetscht zu werden. Fast am Ziel der Suche angelangt, mussten sie ihr Unternehmen schließlich abbrechen.
Eine eigene Abenteuergeschichte ist die Spurensuche nach Relikten der Polarfahrer des 19. Jahrhunderts. Auf der Insel Bell fand das Expeditionsteam eine gut erhaltene Holzhütte des englischen Polarfahrers Benjamin Leigh Smith. Während das Filmteam die Hütte besichtigte, passierte ein Missgeschick: Ein alter Walrossbulle zerfetzte mit seinen Hauern das am Ufer abgestellte Schlauchboot des Teams. War damit die Rückkehr des Kamerateams ins Basislager unmöglich geworden?
Der Abbruch des ersten Basislagers auf Insel Northbrook nach einem Monat Aufenthalt wurde generalstabsmäßig geplant: Die Verlegung des Lagers zur etwas nördlicher gelegenen Insel Ziegler mit einem Eisbrecher stand bevor. Doch alle Pläne mussten umgestoßen werden: Der Eisbrecher verspätete sich, Regen und Sturm behinderten die Cargo-Operation und zu guter Letzt gab es auch noch einen, Gott sei Dank, recht glimpflich verlaufenen Unfall.
Folge 6: 29.12.1996, 30 min.
Die letzte Folge verrät viele Details der filmtechnischen Tricks und Leistungen, die notwendig waren, um die Entdeckung des Franz Joseph Landes vor 120 Jahren durch österreichische Polarfahrer filmisch zu rekonstruieren und dabei dennoch möglichst dokumentarisch zu bleiben. Die Fahrt des historischen Expeditionsschiff „Admiral Tegetthoff” durch das Eismeer und seine dramatische Bedrohung durch Eispressungen, diese Szenen sind vielen Zusehern noch in Erinnerung. Wie wurden sie inszeniert, war denn die „nördlichste Filmkulisse der Welt" keine Kulisse, sondern doch ein schwimmfähiges Schiff? Oder gibt es von dieser historischen Expedition sogar altes Archivmaterial? Das Handwerk der Filmemacher dient der Illusion. Was im Film echt, zuweilen sogar verblüffend dokumentarisch wirkt, wird mit vielen, oft sehr mühsamen Tricks erreicht.
So zum Beispiel wurde, um die abenteuerliche Fahrt des Dreimastschoners durch das Eismeer darzustellen, auch ein kleines Schiffmodell im Maßstab 1:20 gebaut. Seine Fahrt im Eismeer wurde im Eis des Neusiedlersees nachgestellt. Dieses kleine Schiffsmodell der „Tegetthoff' ist im Heeresgeschichtlichen Museum im Rahmen einer Ausstellung über die Entdeckung des Franz- Josef- Landes zu sehen. Die wie alter Archivfilm wirkenden Schwarz-Weiß Passagen des Dokumentarfilms wurden mit einer originalen, historischen „Handkurbelkamera" gefilmt. Neben einer mehrfach mit dem Oscar prämierten „Hollywood-Kamera" des neusten technischen Standards, einer 35 mm Moviecam-Compact, kam für diese außergewöhnliche Dokumentation auch eine Filmkamera zur Anwendung, die schon bei den Anfängen des Kinos vor 100 Jahren verwendet wurde. Erstaunlich war der Einsatz dieser „Handkurbelkamera“ bei Temperaturen unter minus 40°C: Während die moderne Kamera nur mit dem Schutz einer beheizten Hülle funktionierte, arbeitete die Kamera aus dem 19. Jahrhundert auch ungeschützt ohne Probleme.
Die Entwicklung des 1:1 Schiffsmodells in der ORF-Bühnenwerkstatt machte den Bühnenbauern einiges Kopfzerbrechen. Um die Filmkulisse am Drehort mitten in der Arktis aufzubauen, haben sich die Bühnenbauer viel einfallen lassen. Der Standort der Kulisse am 81. Breitengrad musste sowohl vor möglichen Eispressungen, aber auch vor offenem Wasser geschützt werden.
Im Sommer 1996 wurde Kulisse abgebaut. Die Säuberung des Drehortes von der nach drei Polarnächten ziemlich zerstörten Schiffskulisse war Voitl und Guggenberger ein großes, persönliches Anliegen. Franz- Josef-Land wurde nach Abschluss der Dreharbeiten im April 1994 zum größten arktischen Nationalpark erklärt. Mit der Entsorgung der Schiffkulisse im Sommer 1996 wurde der Drehort wieder in seine ursprünglichen Zustand versetzt.
Nur die Zelte des ORF-Basislagers verblieben auf der Insel Ziegler, denn: Ein wichtiger Impuls des Projektteams war die Wiederbelebung der österreichischen Polarforschung, die sich auf Grund des Ersten Weltkrieges nicht weiterentwickeln konnte. Nunmehr ermöglichten das logistische Know How des ORF Teams, aber auch vorhandene Expeditionsausrüstung und die Infrastruktur eines kompletten Basislagers die notwendigen Rahmenbedingungen für die Wiederaufnahme österreichischer Forschungstätigkeiten jenseits des 81. Breitengrades.
Poetic documentary: paradise found – arctic soundscapes. 60 min
In ihrem Konzept für das Projekt ARKTIS NORDOST hatten Voitl und Guggenberger auch einen Film für die Abteilung Religion vorgeschlagen. Arbeitstitel: Unfertige Schöpfung. Die Idee: Die Eiswüste der Arktis stimuliert Gedanken über das Verhältnis Mensch – Natur. In der arktischen Wüste erkennt der Mensch in seinem Ausgeliefertsein, dass er nicht für sich alleine lebt, sondern in etwas Großem eingebettet ist. Die politische Skandalisierung des Projektes Arktis Nordost führte jedoch dazu, dass die Herstellung dieses Filmes nicht zustande kam.
Jahre später beschlossen Voitl und Guggenberger aus dem in der Arktis gedrehten Material in Eigenregie einen weiteren Film zu schaffen. Er sollte Schönheit, Leben, Tod und Spiritualität zum Thema haben und jene Empfindungen und Gedanken ansprechen, die sich bei ihnen in der arktischen Wildnis eingestellt hatten. Die Erzählweise sollte auch Lyrik verwenden. Doch da ein Film, der auch lyrische Textpassagen enthält, nicht in das reguläre TV-Programm passt, ging “paradise found“ im ORF nie auf Sendung.
Der Inhalt: Ein junger Sound-Designer, schließt sich einer Expedition in die Hohe Arktis an. In der Wildnis der entlegenen Inseln des Franz- Josef-Landes will er außergewöhnliche Töne und Klänge aufzeichnen. Bald erkennt er, dass die vielgestaltigen Klänge und Töne der arktischen Landschaft sich unmittelbar mit seinem Innersten, seinen Gefühlen und Gedanken in Beziehung setzen. Das Geräusch des schmelzenden Eises oder des tobenden Sturms verwandeln sich in seiner Wahrnehmung zu Musik, die große und lebendige Stille erfährt er als mächtige Kraft. Die Sprache der arktischen Landschaft führt den Sound-Designer in seine eigene „innere“ Landschaft und eröffnet ihm überraschende Einsichten über sich selbst. Nach einem Jahr in der Wildnis verlässt er einen Ort an dem er so intensiv wie noch nie gelebt – gehört hat.
Doku-Fiction: Die Eisfalle 22.4.2003. 90 min
Der für Naturfilme zuständige Redakteur der Wissenschaftsabteilung des ORF konnte sich 1995 mit Voitl und Guggenbergers Idee einen zusätzlichen Film herzustellen, der ausschließlich die Geschichte der historischen Expedition erzählt, nicht anfreunden. Er bestand auf seinem „Universum-Format”, das heißt, die Filme müssen einen Schwerpunkt auf Naturdarstellungen haben. Es sollte Jahre dauern, bis Voitl und Guggenbergers Vorschlag realisierbar wurde…
Das Doku-Drama „Die Eisfalle“ ist also die Fortsetzung der internationalen Erfolgsstory von „Arktis Nordost“ und erzählt ausschließlich über die Leistungen und Entbehrungen der historischen Polarfahrer: Vierundzwanzig Seeleute aus Istrien, Dalmatien, Italien, Ungarn, Böhmen und Österreich, unter dem Kommando von Kapitän Carl Weyprecht und Expeditionsleiter Julius von Payer. Die Expedition führte zur letzten großen Landentdeckung auf unserem Planeten. Zufällig – denn das Expeditionsschiff die „Admiral Tegetthoff“ wurde vom Eis eingeschlossen und mit der Drift des Eises nach Norden geschoben, weiter als damals je ein Mensch gekommen war. Als es augenscheinlich war, dass sich das Schiff aus der Umklammerung des Eises nie wieder lösen würde, entschied Carl Weyprecht, das Schiff zu verlassen und zu Fuß den Marsch über das Packeis zurück nach Sibirien anzutreten. Nach drei Monaten wurde sie vor der sibirischen Küste von russischen Fischern gerettet.
„Die Eisfalle“ wird weltweit verkauft und immer noch ausgestrahlt. Er sei „eines der erfolgreichsten und ambitioniertesten Dokumentarfilmereignisse, die jemals unternommen wurden,” befand die BBC. “Noch nie zuvor arbeitete ein professionelles Filmteam so weit nördlich, jenseits des 81.Breitengrades. Selten konnte eine Filmkamera Bilder und Szenen der Arktis von größerer Authentizität festhalten.“
Murmansk Shipping Comp.: Partners of our Arctic Expeditions. 60 min.
Im Programmpaket ARKTIS NORDOST gab es auch den Vorschlag für eine Dokumentation über die technologischen Möglichkeiten der Eisschifffahrt und die ökonomische und politische Dimension des nordöstlichen Seeweges, die Nordost Passage: „Der weiße Weg nach Indien“.
Doch auch dieser Programmvorschlag konnte in Folge der politischen Turbulenzen rund um das Projekt nicht realisiert werden. Stattdessen haben Voitl und Guggenberger als Dank für die großzügige Unterstützung durch die Murmansk Shipping Company ein 60 minütiges Video hergestellt, welches den logistischen Support beschreibt, den Murmansk Shipping Comp. für das Projekt “Arktis Nordost” geleistet hat.
Der letzte weiße Fleck - 14.1.2000, 30 min.
Ein Beitrag von Helmut Voitl und Elisabeth Guggenberger im ORF Wissenschaftsmagazin MODERN TIMES, ORF 2.
Das Thema:
Der sensationelle Fund des Ötzi war ein plakatives Ereignis im Zusammenhang mit jenen Vorgängen, die die Wissenschafter weltweit beobachten: Es wird wärmer! Die Gletscher und das Eis schmelzen - auch in den polaren Regionen. Nun gibt es sensationelle „Funde“, die das Eis freigegeben hat. Per Satellit wurden im Bereich des Archipels Franz Josef Land drei neue Inseln entdeckt. Das (scheinbar) ewige Eis der Arktis weicht und gibt Landmasse frei, die bisher nicht sichtbar war.
Der Projektvorschlag; OTs im Beitrag;
Überleben in Weißer Wildnis 4.11.2013
Das auf Franz Josef Land gedrehte Material wurde für eine Produktion im Auftrag von ARD und 3-SAT nochmals verwertet.
Die hocharktische Inselgruppe Franz-Joseph-Land ist eine Oase im Eis. Nur 800 Kilometer vom Nordpol entfernt, herrschen dort monatelang Kälte und absolute Finsternis. Im nur wenige Wochen dauernden Sommer kehren mit der Sonne zahllose Vogelarten zu ihren Nistplätzen auf den Klippen der Inseln zurück. Dies ist auch der Zeitpunkt, an dem Wissenschaftler nach Franz-Josef-Land kommen, um die Geheimnisse der Überlebensstrategien von Pflanzen und Tieren zu erforschen, die unter hocharktischen Bedingungen leben können. Das Eismeer ist für die Tiere ein reich gedeckter Tisch, aber auch ein Ort der Gefahr.
Universum Video-Edition Arktis Nordost, ORF und REVERSO-BMG Ariola, 1996
Credits
Fotos
Video
Presse
19920331 Kurier, 19930301 Kurier, 19930605 Kurier, 19930600 Telekistl; 19930605 Kleine Zeitung; 19930605 Die Presse, 19930606 Wiener Zeitung, 19930618 Volksblatt, 19930623 APA; 19930701 Kieler Zeitung, 19930709 Ganze Woche, 19930830 Volksblatt, 19931000 Maritime Schifffahrt, 19931022 Artikel Modellbau, 19931200 Auto Touring, 19930605 Kurier, 1993 austria ski; 19940204 Der Standard, 19940203 News, 19940213 Wiener Zeitung, 19940224 Tirolerin, 19940302 Die Presse, Kleine Zeitung; 1940000 Moviecam Dreh, 19940206ff Der Standard/Faxline, 19940400 Artikel; 19940418 Die Presse, 19940608 Kleine Zeitung, 19940710 Kurier, 19940908 Mix, 19941021 Mix, Mix2, 19951109 Neue Zeit; Steirische Wochenpost; 19951111 Neues Volksblatt, Kleine Zeitung; 19951119 Krone; 19951120 Die Presse, 19941126 Salzburger Nachrichten, 19941203 Salzburger Nachrichten, 19951200 Tele TV Magazin, 19951209 OÖ. Nachrichten, 19941210 Salzburger Nachrichten, 1995118 Kleine Zeitung; 19951216 Salzburger Nachrichten, 19951216 Kleine Zeitung; 19951217 Mix, 19951220 APA; Kurier, Wiener Zeitung, 19951227 Kleine Zeitung, 19951221 Der Standard, 1996121 Wirtschaftswoche, 19951223 Der Standard, 19951224 Mix, 19951226 Kleine Zeitung, 19951227 Salzburger Nachrichten, Kurier, 19951229 Die Ganze Woche, 1995-52 Tele TV Magazin; 19951229 TV u. Radio Woche, 19951220 Kurier, 19951231 Wiener Zeitung, 19951230 Kärntner Tageszeitung; 19960102 Neues Volksblatt, Die Presse, 19960104 Wiener Zeitung, 19960106 Kleine Zeitung; 19960112 Kleine Zeitung, 19960111 Die Presse; 19960113 Die Presse, 19960113 Wiener Zeitung, Mix, 19960116 Mix, Mix 2; Wiener Zeitung; 19960100 Telexy, 19960200 Tele-TV Magazin, 19970100 Wiener Zeitung,
19951231 Neue Zeitung, Die Presse, 19960104 Krone, Der Standard, Kurier, Neue Zeit, Salzburger Nachrichten, OÖ Nachrichten, Neue Zeit, Wirtschaftswoche, 19960111 Kleine Zeitung, 19960112 Tiroler Tageszeitung, 19960115 Presse, 19960118 Salzburger Nachrichten, Täglich alles, Kleine Zeitung, OÖ.Nachrichten, 19960123 Wiener Zeitung, Artikel 19960100, Kärntner Tageszeitung 19960310; ORF Intern 19961000, Wiener Zeitung 19961113; Kurier 19961215; Mix 19961231; Kleine Zeitung 19961222
Die politische Instrumentalisierung des Projektes:
19930402 Wiener Zeitung, Salzburger Nachrichten, Volksblatt, 19930406 Der Standard, 19930605 Kurier; Kurier2; 19930605 Krone, 19930608 Die Presse, 19930609 ORF Presseaussendung, 19930609 APA, 19930610 Kurier, 19930609 Presseaussendung Meischberger, 19930718 Krone, 19930719 ORF Stellungnahme, 19930722 Mix, Die Presse, 19930722 Die Presse, 19930907 Krone, 19930916 Kurier, 19931002 ORF Stellungsnahme, 19930929 Krone, 19931004 Profil, 19931002 Mix, 19931002 Kleine Zeitung, Volksblatt, 19931002 Kurier, 19931003 Mix; Mix 2; Text Pius Strobl, 19931007 News, 19931007 News 2, 19931007 APA, Die Presse, 19931007 Die Presse, 19931008 Die Presse, 19931013 Krone, 19931015 Kurier, 19931023 Mix, 19931016 Kleine Zeitung, 19931018 Kleine Zeitung, 19931125 Die Furche, 19931111 Wirtschaftswoche, 19931127 Krone, 19931211 Die Presse, 19931124 Die Presse, 19931126 Kurier, 19931128 Kurier, 19931104 Presseaussendung Meischberger, 19931126 Presseaussendung ORF, 19931128 Mix, 19931202 Wochenpresse, 19931210 ORF Presseaussendung, 19940201 Vorarlberger Nachrichten, 19940203 News, 19941229 Wiener Zeitung, 19951005 Krone, 19950821 Der Standard, 19951008 Krone, 19951230 TV Media, 19960110 TV Media, 19960118 Täglich alles, Inserat Payrleitner, TV Media (Zeiler+ANO); TV Media Kostenvergleich mit Showproduktion;
Entwurf eines Briefes von Ing. Josef Willi an TV Media
Stellungnahmen zu diversen Anschuldigungen:
19931004 ORF Interne Stellungsnahme, 19931024 Brief an männliche Expeditionsteilnehmer, 19950102 Krone titelt “Sklaven”, 19951120 Brief Kaufm. Direktor, 19951227 Stellungsnahme an TV Media, 19960102 Quote 1.Sendung, 1996010 Chefred. der Generalintendanz, 19960111 Stellungnahme zu Krone, 19960103 TV Media, 19960108 IM von EG an HAL, 19960110 IM von HAL an EG, 19960118 IM des Personalchefs, 19960124 ORF-IM von Monika Willi, 19960227 Vergleich Höltmann/Voitl, 19960329 Brief VG Rechtsanwalt,
Auszeichnungen
1996, Internationales Filmfestival, Missoula USA, für Universum Trilogie
1996 Finalist im New York Filmfestival
Weiterführende Notizen
ARKTIS NORDOST - Ein Projekt großer Herausforderungen
Vorgeschichte
Die Entdeckung des Franz Josef Landes jährte sich 1972 zum hundertsten Male. Im Jänner 1972 schlug Voitl den Programmverantwortlichen des ORF vor, die abenteuerliche Entdeckungsgeschichte zum Thema einer Dokumentarfilmserie zu machen. Sein Plan war es schon damals, am Originalschauplatz filmisch nachzuvollziehen, was die historischen Entdecker und Polarforscher dort erlebt hatten. Doch noch herrschte der Kalte Krieg: Spitzbergen war ein Vorposten der NATO, das benachbarte Franz Josef Land ein Stützpunkt der Roten Armee. Voitl musste zur Kenntnis nehmen, dass die Sowjets für ein militärisches Sperrgebiet keine Drehgenehmigung geben würden, und somit wanderte sein Projektvorschlag zu den Akten.
Frühjahr 1990. Voitl und Guggenberger arbeiteten seit einigen Jahren an diversen Filmprojekten in der damaligen Sowjetunion. Gorbatschow hatte mit Perestroika und Glasnost die Arbeit in Russland möglich gemacht. Da sich 1992 die Entdeckung des Franz Josef Landes zum 120. Mal jähren würde, bemühten sich die beiden um eine Drehgenehmigung für Franz Josef Land. Sie hatten in Moskau und St. Petersburg gute Kontakte aufbauen können, und so gelang es mithilfe eines russischen Produktionsleiters tatsächlich eine Drehgenehmigung für Franz Josef Land zu bekommen.
Voitl und Guggenberger schlugen in einem ersten Konzept dem ORF drei einstündige Filme vor, deren Thema, wie schon 1972, die Rekonstruktion der Payer-Weyprecht-Expedition sein sollte. Die Erteilung der Drehgenehmigung führte dazu, dass der ORF „grünes Licht“ für das Projekt gab. Eine Zusage des renommierten russischen Arctic Antarctic Research Institut (AARI) in St. Petersburg das Filmprojekt zu unterstützen und der russischen Agentur VICAAR (Victory in Arctic and Antarctic), einer Einrichtung, die von privat agierenden Mitarbeitern des AARI gegründet worden war, um Expeditionen in der russischen Arktis logistisch zu unterstützen, waren ausschlaggebend um an der Realisierung des Projektes arbeiten zu dürfen.
Das Filmprojekt wird erweitert
Das AARI /Arctic Antarctic Research Institute in St. Petersburg unterbreitete Voitl und Guggenberger einen interessanten Vorschlag: Das für Filmarbeiten auf Franz Josef Land notwendigerweise zu errichtende Basislager könnte und sollte nach Abschluss der Dreharbeiten als „Kern einer internationalen polaren Forschungsstation“ aufrechterhalten und weiterverwendet werden.
Dieser Vorschlag erschien Voitl und Guggenberger sinnvoll. Er entsprach auch dem Wunsch des österreichischen Wissenschaftlers, Univ.-Prof. Dr. Heinz Slupetzky, Geograf, Gletscher- und Polarforscher an der Universität Salzburg. Er hatte schon im August 1991 nach seiner Rückkehr von einer polnisch-russischen Expedition nach Franz Josef Land betont, dass „für Studien über die Klimaveränderung in der Arktis und ihrer Folgen internationale Forschungsprojekte auf Franz Josef Land von größter Bedeutung wären“. Im Oktober 1991 informierten Voitl und Guggenberger Univ.-Prof. Slupetzky über den Vorschlag des AARI im Zusammenhang mit dem Filmprojekt Arktis Nordost. In der Folge kam es zu diversen Informations- und Kontaktgesprächen mit der Österreichischen Geographischen Gesellschaft, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien und dem österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung. Die vielversprechenden Kontakte mit diesen Institutionen veranlassten Voitl und Guggenberger Ende 1991 im Sinne von Synergien, eine Erweiterung des Filmprojektes in Erwägung zu ziehen.
Es erschien sinnvoll, zum bisherigen Projektziel der filmischen Wiederentdeckung des Franz Josef Landes die Wiederbelebung der österreichischen Polarforschung hinzufügen. Denn in Anbetracht des sich abzeichnenden menschengemachten Klimawandels und der daraus weltweit resultierenden ökologischen und sozialen Probleme kommt der Forschung in den Polgebieten große Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang hofften Voitl und Guggenberger, dass Österreich an die von Carl Weyprecht begründete Polarforschung anknüpfen und im Rahmen der Filmexpeditionen erste konkrete Schritte setzen werde, diese wieder in Angriff zu nehmen. Damit blieben die Filmemacher auch einem ihrer Arbeitsweise inhärenten Grundsatz treu: Sie wollen nicht nur Filme produzieren, sondern das Medium auch nützen, um positive Ideen, Entwicklungen und Verbesserungen anzuregen und zu fördern.
Unter dem Projekttitel „Arktis Nordost“ unterbreiteten Voitl und Guggenberger im Februar 1992 dem Generalintendanten des ORF Gerd Bacher ein Konzept, das neben der Beschreibung der filmischen Ziele auch das Anliegen formulierte, die Bestrebungen der Wissenschaft zur Errichtung einer Forschungsstation auf Franz Josef Land kooperativ zu unterstützen. Voitl und Guggenberger sahen darin einen wertvollen Beitrag des ORF zu den für 1995/96 geplanten Aktivitäten Österreichs anlässlich der Millenniumsfeiern „1.000 Jahre Österreich“.
Vorbereitungen der Dreharbeiten
Bereits im Jänner 1992 hatten Voitl und Guggenberger mit AARI und VICAAR die Durchführung einer ersten Winterexpedition im März 1992 fixiert. Winterexpedition deshalb, weil während des geplanten Expeditionszeitraums auf Franz Josef Land noch winterliche Bedingungen herrschten. Genau unter diesen Bedingungen wollten sie erste Erfahrungen sammeln und von den das Team begleitenden russischen „Polarniks“ Verhaltensweisen erlernen, die an die Bedingungen in der Arktis angepasst sind. Darüber hinaus sollte das gesamte Filmequipment sowie die Ausrüstung, Zelte, Bekleidung, Schuhe, Skier, Schlitten usw. auf Tauglichkeit unter arktischen Bedingungen geprüft werden. Ein weiteres Ziel dieser ersten Expedition war es geeignete Standorte für Camps zu finden und Drehorte festzulegen. Es musste auch ein geeigneter Standort für den Nachbau des vom Eis eingeschlossenen, historischen Expeditionsschiffes Admiral Tegetthoff ausfindig gemacht werden. Für die Filmaufnahmen der Admiral Tegetthoff auf ihrer Fahrt durch die Barentssee, wurde ein Modellschiff im Maßstab 1:20 gebaut.
Das historische Expeditionsschiff Admiral Tegetthoff sollte jedoch auch als 1:1 Modell gebaut und als Bühne für das Drama der historischen Expedition im Küstenbereich des Franz Josef Landes ins Eis gestellt werden. Mit einer bis ins Detail maßstabgetreuen Replik sollte für die filmische Rekonstruktion der Payer-Weyprecht-Expedition größtmögliche Authentizität erreicht werden. Eine 1:1 Replik am Originalschauplatz würde überdies ein filmisches Novum darstellen, denn nie zuvor war auf so hohen Breitengraden ein derartiges Filmprojekt realisiert worden. Ein genialer Konstruktionseinfall kam diesem kühnen Plan entgegen: Da das originale Schiff vom Eis eingeschlossen und daher manövrierunfähig war als es Franz Josef Land erreichte, sollte es genügen, den Nachbau ohne Schiffsrumpf zu konzipieren. Der Schiffskörper könnte daher ab der Wasserlinie nach oben auf einer Stahlplattform errichtet und diese samt Schiffskörper im Eis fest verankert werden. Das Schiff sollte in Modul-Bauweise in Wien gebaut werden und wiederzerlegbar sein, um die Teile in Containern verpackt per Bahn nach Murmansk und von dort mit einem Eisbrecher nach Franz Josef Land bringen zu können. An einer geeigneten Stelle würde das Schiff dann wieder zusammengesetzt werden. Dieser Zusammenbau würde während des arktischen Sommers 1993 erfolgen. Danach sollte das Schiff einige Monate lang dem arktischen Winter überlassen werden. Kälte, Schnee und Stürme der Polarnacht würden dem Schiffskörper zusetzen und ein Bild wie auf Payers Zeichnungen schaffen. Dieser Grad an Authentizität kann in keinem Filmstudio erzielt werden. Der Bau der Schiffskulisse wurde vom österreichischen Bühnenarchitekten Christoph Kanter entworfen und den Bühnenbauern des ORF durchgeführt.
Die erste Winterexpedition 1992 diente, wie schon erwähnt, dem Test der Ausrüstung. Fazit: Das Standard-Filmequipment war bei Temperaturen zwischen minus 30 und minus 45° C nicht mehr einsatzfähig. Auch Schuhe, Anoraks, Hosen. Windschutzkleidung und Schlafsäcke, obwohl hochwertige Alpinausrüstung, waren für längere Aufenthalte des Filmteams bei arktischen Temperaturen ungeeignet. Die Transportschlitten hielten einer stärkeren Belastung nicht stand. Es war klar, dass alles, bis ins Detail, neu durchdacht werden musste.
Um geeignete Plätze für Camps zu finden wurde der Archipel per Hubschrauber erkundet.
Neben geografischer Charakteristika, war vor allem das Vorhandensein von Süßwasser ein Kriterium der Auswahl. Mögliche Lagerplätze wurden auf der Insel Northbrook im Süden, auf der Insel Kuhn im Zentrum und auf der Insel Jackson im Norden des Landes eruiert. Auf der Insel Ziegler laut Karte in einer Bucht ein im Sommer offener Süßwassersee eingezeichnet, also ideal für die Errichtung des Basislager und unweit davon, im Küstenbereich, gab es eine kleine Sandbank, die als Standort für den Bau der Tegetthoff - Kulisse genutzt werden konnte.
Vorbereitung Wiederbelebung der Polarforschung
Zurück in Wien informierten Voitl und Guggenberger alle Instanzen des ORF und auch des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (BMWF) über die konkrete Machbarkeit des Projektes. Im BMWF wurde eine Anlaufstelle für alle Angelegenheiten der Kooperation zwischen Wissenschaft und ORF eingerichtet und eine schriftliche Absichtserklärung bzgl. Kooperation in Bezug auf das zukünftige Basislager an den ORF-Generalintendanten geschickt. An alle österreichischen Universitäts- und Wissenschaftsinstitutionen erging eine Einladung zu einem am 1. Juni 1992 stattfindenden Brainstorming „Österreich und Franz Josef Land“. Wie es in der diesbezüglichen Einladung hieß, wurde diese Tagung einberufen, um „das weitere Vorgehen auf breiter Basis besprechen zu können“. Die Ergebnisse dieses Brainstormings waren vielversprechend: Die Vertreter aller Institute unterstrichen die dringende Notwendigkeit der Forschung im arktischen Raum. Das beträfe die gesamte Breite des modernen Forschungsspektrums.
Die Einrichtung einer ganzjährigen oder auch nur in den Sommermonaten nutzbaren Forschungsstation wurde begrüßt. Im Hinblick auf einen bevorstehenden Tourismus nach Franz Josef Land könnten die österreichischen Erfahrungen in Tourismusökologie für die russischen Schutzbestrebungen (Natur- und/oder Nationalpark) von Wichtigkeit sein.
Als weitere Vorgangsweisen wurden festgelegt: Planung und Design einer Forschungsstation; Erhebung von Kooperationsvarianten mit Russland; ökologische Gutachten für die von AARI und VICAAR vorgeschlagenen potenziellen Standorte für den Bau einer dauerhaften Polarstation (Inseln Jackson oder Ziegler); die Teilnahme von Wissenschaftlern an den „Arktis Nordost“- Filmexpeditionen. Der renommierte österreichische Architekt Univ.-Prof. Dr. Anton Schweighofer erklärte sich bereit, Entwürfe für eine dauerhafte Polarstation auf Franz Josef Land zu erstellen.
“Arktis Nordost”- das ORF “Milleniumsprojekt”
Im Juni 1992 erklärte die Geschäftsführung des ORF das Projekt „Arktis Nordost“ zum zentralen Millenniumsprojekt des Senders. Über sechzig österreichische Sponsoren bekundeten ihre Bereitschaft, das Projekt zu fördern und bestätigten dies auch schriftlich.
Anfang August 1992 wurde eine zweite Expedition durchgeführt. Das Team flog von Wien nach St. Petersburg und von dort mit zwei sowjetischen Flugzeugen vom Typ N 24 zehn Stunden lang weiter bis zur sibirischen Stadt Dikson, eine aus militärischen Gründen gesperrte Stadt. Von Dikson aus starteten die achtzehn Expeditionsteilnehmer mit zwei Mi8-Hubschraubern Richtung Franz Josef Land. Nach weiteren zehn Stunden Flug erreichten sie den für diese Expedition vorgesehenen Lagerplatz auf der Insel Kuhn. Mit an Bord waren der Architekt Univ.-Prof. Dr. Anton Schweighofer, der Glaziologe Univ.-Prof. Dr. Heinz Slupetzky und sein Kollege Univ.-Doz. Dr. Fritz Seewald, ein Ökologe der Universität Salzburg; weiters eine russische Biologin Mascha Gavrilov, ein russischer Geophysiker und der Leiter des AARI für wissenschaftliche Expeditionen, sowie ein Dolmetsch. Die Aufgabe des Architekten und der Wissenschaftler war es, Informationen und Unterlagen für die geplante Polarstation zu sammeln. Darüber hinaus sollten Kriterien erarbeitet werden, die Russland als Grundlage für eine zukünftige Widmung des Archipels zum Naturschutzgebiet dienen sollten (seit 1994 steht Franz Josef Land tatsächlich unter Naturschutz). Das Filmteam bestand aus sieben Personen, darunter zwei Frauen; eine der Aufgaben waren Unterwasseraufnahmen. Erstmals sollte ein Unterwasserkameramann den Versuch unternehmen, auch Walrosse unter Wasser zu filmen. Um dieses nicht ungefährliche Vorhaben durchzuführen, waren drei Kampfschwimmer des österreichischen Bundesheeres im Einsatz; ihre Teilnahme war ein Förderbeitrag des österreichischen Ministeriums für Landesverteidigung. Auch diese zweite Expedition im Sommer 1992 war erfolgreich. Alle wissenschaftlichen Aufgaben und Ziele konnten erfüllt und die geplanten Filmaufnahmen durchgeführt werden. Im arktischen Sommer genügten einfache Zelte und gewöhnliche Alpinausrüstung. Auch die Filmgeräte funktionierten einwandfrei. Dass für die dritte, im Sommer 1993 geplante Expedition mit mehreren Filmteams und der Bühnenbautruppe und insbesondere für die vierte Expedition im Winter 1994 spezielle Arktisausrüstung angeschafft werden muss, war klar.
Herbst 1992: In einer zweiten Tagung im BMWF besprachen die Leiter und Delegierten österreichischer Forschungsinstitute konkrete Forschungsvorhaben und präzisierten ihr Interesse an einer Forschungsstation. Es war abzusehen, dass auch ausländische Institutionen potenzielle Mitnutzer der zukünftigen Polarstation auf Franz Josef Land sein würden.
Im Dezember 1992 war das 1:20 Modell der Tegetthoff fertiggestellt. Die vier Modellbauer wurden nun auch für die Herstellung der Takelage des 1:1 Modells engagiert, das auf einem freien Areal des ORF-Zentrums von Tag zu Tag höher in den Himmel wuchs.
Die Auswahl der fachlich qualifizierten Teilnehmer für die weiteren Film-Expeditionen war abhängig vom Ergebnis einer verpflichtenden medizinischen Untersuchung auf „Arktistauglichkeit“. Voitl und Guggenberger konzipierten mit einem kleinen Team Technik, Ausrüstung und Logistik der Expeditionen und kümmerten sich Sponsor Leistungen. In Kanada wurden Polarzelte bestellt, wintertaugliche Polarkleidung wurde in Alaska nach den
Maßen der Expeditionsteilnehmer angefertigt. Ein Treibstoffunternehmen spendete Arktis-Diesel und Butangas. Über sechzig Sponsoren trugen mit Sach- und Geldspenden dazu bei, die Expeditionsausrüstung sicherzustellen. Den Transport des Expeditionsmaterials im Ausmaß von mehr als hundert Tonnen (inklusive der Bauteile der großen Tegetthoff-Replik), in zehn Euro-Containern verstaut, sponserte ein österreichisches Transportunternehmen.
Politische Instrumentalisierung
Alle Vorbereitungen für die Hauptexpeditionen 1993 und 1994 waren angelaufen, als im März 1993 „Arktis Nordost“ aus heiterem Himmel in Gefahr geriet, zu scheitern. Parteipolitisch motivierte Attacken (u.a. von Walter Meischberger, FPÖ und der Kronenzeitung) gegen den ORF Generalintendanten Gerd Bacher hatten das von ihm geförderte Projekt „Arktis Nordost“ aufs Korn genommen. In einigen Zeitungen wurden unwahre Fakten lanciert. Einige große Sponsoren zogen daraufhin ihre Beteiligung zurück. Dass auch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF) vom Projekt Polarforschungsstation Abstand nahm, wurde zwar mit allgemeinen Budgetkürzungen begründet, ist aber definitiv im Zusammenhang mit dem negativen politischen Umfeld zu sehen. Die Unterzeichnung eines bereits fertig formulierten Kooperationsvertrages zwischen ORF und BMWF war damit obsolet.
Im Herbst 1993 versuchten die politisch motivierten Quertreiber (und ihre Medien) auch die bereits geplante Winterexpedition 1994 zu Fall zu bringen. Wäre dies tatsächlich gelungen, wäre „Arktis Nordost“ nicht nur als Wissenschaftsprojekt, sondern auch als Filmprojekt gescheitert. Denn die wesentlichen Szenen der historischen Payer-Weyprecht-Expedition sollten während dieser Expedition gedreht werden. Alle bisher angelaufenen Kosten wären in den Sand gesetzt gewesen. Doch genau dies war das Ziel der politischen Gegner: Sie intendierten den Generalintendanten Gerd Bacher mit Hinweis auf einen finanziellen Flop des Projektes Arktis Nordost anzuschwärzen.
Leider formierte sich auch ORF-intern Gegnerschaft. Das Projekt war zu einer „heißen Kartoffel“ verkommen, die man los werden wollte. Die Neuwahl eines Generalintentanten stand bevor. Daher wurde das Projekt vom zuständigen ORF Hauptabteilungsleiter Alfred Payrleitner (er hegte Hoffnungen der nächste Generalintentant zu werden) im Sommer 1993 „als beendet“ erklärt. Voitl drohte er mit der Entlassung. Dies vor dem Hintergrund, dass sich einige Expeditionsteilnehmer instrumentalisieren und von den Medien zu verleumderischen Aussagen über die Expedition hatten hinreißen lassen.
Nach langem Gezerre und sehr viel Lobby-Arbeit durch Voitl und Guggenberger genehmigte jedoch das ORF Kuratorium die von Payrleitner abgesagte Winterexpedition 1994. So konnten trotz aller Turbulenzen die wichtigsten Dreharbeiten dennoch erfolgreich durchgeführt werden.
Die Filme sind erfolgreich
Die Ausstrahlung der „Arktis Nordost-Filme” erzielten bei der Zuseher Quote Spitzenwerte (20%). Nach der Ausstrahlung im Jänner 1996 bezeichnete der mittlerweile neu gewählte Generalintendant Gerhard Zeiler das von seinem Vorgänger Gerd Bacher geerbte und allseits verachtete Projekt „Arktis Nordost“ dennoch als „Ereignis-Fernsehen“. „Das ist sicher ein Highlight“, tat er kund. Mit den beiden Gestaltern hat er persönlich nie gesprochen…
Auch im Ausland Anerkennung. In einer BBC-Dokumentation über „Arktis Nordost“ heißt es: „ ‚Arktis Nordost‘ ist eines der erfolgreichsten und ambitioniertesten Dokumentarfilmereignisse, die jemals unternommen wurden. Nie zuvor arbeitete ein professionelles Filmteam so weit nördlich, jenseits des 81. Breitengrades. Selten konnte eine Filmkamera Bilder und Szenen der Arktis von größerer Authentizität festhalten.“
Die Bewertung des International Wildlife Film Festival im amerikanischen Missoula, Montana, wo „Arktis Nordost“ ausgezeichnet wurde:
„A fascinating series based on an impressive intelligent script, and with the values it stated about wilderness and human kind’s place in nature. Sound and photography were first rate, as were the techniques used for interweaving past and present. The editing was excellent, with admirable transitions. One of the most interesting films shown.”
Die Filme erreichten Finalplätze bei internationalen Festivals wie dem New York Film Festival oder dem Jules Vernes Film Festival in Paris u. a.
Für den ORF hat das auf Franz Josef Land vornehmlich auf 35 mm-Film gedrehte Filmmaterial einen beständigen und sogar steigenden Wert. Es ist wertvolles Archivmaterial von einer polaren Welt, die nach einer siebzigjährigen, politisch bedingten Sperre zum ersten Mal gefilmt werden konnte und die es in ihrer Einmaligkeit wegen des Klimawandels bald nicht mehr geben wird.
Wiederbelebung der österreichischen Polarforschung
Neben den politischen Querschüssen, die „Arktis Nordost“ trafen, ist die endgültige Absage des Baus einer „Forschungsstation“ durch das BMWF eine Tatsache, die von österreichischen und ausländischen Wissenschaftlern und Institutionen bedauert wird. Noch während der Winterexpedition 1994 bereiteten Voitl und Guggenberger im Basislager auf der Insel Ziegler alles vor, um die Benützung des ORF Basislagers als Forschungscamp weiterhin zu gewährleisten. Da sich das BMWF und der ORF diesbezüglich schon 1992 verständigt hatten, war das Basislager und die Expeditionsausrüstung vom BMWF zu einem symbolischen Schilling angekauft und den Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt worden. Bereits im Sommer 1994 beherbergte das Basislager daher eine erste österreichische Wissenschaftsexpedition, im Sommer 1995 eine zweite. In den darauf folgenden Jahren wurden keine österreichischen Wissenschaftsexpeditionen zum Franz Josef Land mehr durchgeführt. Die Gründe dafür liegen im Dunklen…. Tatsache ist, das die politischen Entwicklungen in Russland unter Putin einer gedeihlichen Entwicklung einer internationalen Forschungsstation auf Franz Josef Land nicht förderlich gewesen wären. Franz Josef Land ist heute wieder militärisches Sperrgebiet, auch russischen Polarforschern wird der Zugang zum Archipel erschwert.
Abbau der Schiffskulisse 1996
Voitl und Guggenberger sahen es als eine Selbstverständlichkeit an, den Aufenthalt im arktischen Gelände möglichst umweltschonend zu gestalten und Müllablagerungen zu vermeiden.
Nach Drehschluss war die Schiffskulisse auf der Insel Ziegler für einige touristische Kreuzfahrten durchs Eismeer ein attraktives Ziel. ORF Beamte überlegten sogar vom Reiseunternehmer eine Abgeltung für Fotorechte einzufordern! Als aber 1996 das Presseis die Schiffskulisse zunehmend in eine unschöne Ruine verwandelt hatte, war es an der Zeit die Kulisse abzubauen und den ehemaligen Drehort zu säubern. Doch der ORF lehnte dieses Ansinnen von Voitl und Guggenberger kategorisch ab. Das Argument des zuständigen Produktionsleiters war zynisch und anmaßend. Er sagte: „Wenn die Russen ihren Atommüll in Murmansk beseitigen, dann wird auch der ORF die Tegetthoff abbauen.“ Voitl und Guggenberger beschlossen die Säuberung des Drehortes auf eigene Faust zu organisieren. Sie nahmen Urlaub und rüsteten mit Hilfe privater Sponsoren und eigenen Mitteln eine Expedition aus, um im Sommer 1996 gemeinsam mit einigenTeilnehmern früherer Expeditionen nach Franz Josef Land zu gelangen
Nach dem Abbau der Kulisse verfassten Voitl und Guggenberger eine schriftliche Stellungnahme an die Verantwortlichen des ORF.
Zitat: „[…] Nach Abschluss von Dreharbeiten ist es branchenüblich und selbstverständlich, dass jeder Drehort gesäubert zurückgelassen wird. Im Falle Drehort Franz Josef Land schreibt dies überdies auch das Umweltschutzgesetz der Russischen Föderation mit seiner Verordnung über den Nationalpark Franz Josef Land Zl. 571-r v. 23.4.1994 vor.
Abgesehen von dieser juristischen Verpflichtung konnten wir uns aus grundsätzlichen und auch ökologischen Gründen dem Standpunkt des Unternehmens, sich um den Abbau nicht weiter kümmern zu wollen, nicht anschließen. Wir haben daher gemeinsam mit sieben ehemaligen Expeditionsteilnehmern, mit der Hilfe von Logistik-Sponsoren und privaten Spenden die Rahmenbedingungen geschaffen, die uns eine Säuberung des Drehortes ermöglichten.“
Dokumente
Sprechertexte: Universum 1 deutsch; Universum 1 englisch; Universum 2 deutsch; Universum 2 englisch; Universum 3 deutsch; Universum 3 englisch; Glacionauten 1; Glacionauten 2; Glacionauten 3; Glacionauten 4; Glacionauten 5; Glacionauten 6; Sumbu & Comp. 1; Sumbu & Comp. 2; Sumbu & Comp. 3; Die Eisfalle deutsch; Die Eisfalle englisch; Paradise found deutsch; Murmansk Shipping Company;