White Clouds Island

Englischsprachiges Drehbuch für einen Spielfilm (120 min.) von Elisabeth Guggenberger (Mitarbeit Helmut Voitl).

Die Arbeit an der englischsprachigen Version erfolgte ab 2003 in Zusammenarbeit mit Anne Woods von EUROSCRIPT, London. Das Drehbuch erlangte 2004 beim MOONDANCE Filmfestival, Boulder, Colorado, USA einen Finalplatz in der Script-Competition, sodann wurde es in Cannes gepitcht. Ein österreichischer, ein deutscher und ein kanadischer Produzent zeigten sich am Projekt interessiert und der österreichische Produzent begann an Finanzierung, Co-Produktionsverträgen und Drehortsuche zu arbeiten. Doch im Dezember 2004 kam es zu einem jähen Stopp des Projektes:

Voitl und Guggenberger überlebten im Dezember 2004 den Tsunami in Sri Lanka. Angesichts der Zerstörungen und des Leids der einheimischen Bevölkerung entschieden sich die beiden spontan für eine Absage des Spielfilmprojektes, um sich für den Wiederaufbau von zwei Dörfern engagieren zu können.

Synopsis

Die Geschichte basiert auf historischen Fakten und erzählt von Iva, einer jungen Inuk in Alaska. Anfang der 1920er Jahre begleitete sie als Näherin von Winterbekleidung vier junge Männer auf eine Expedition zu einer unbewohnten Insel nördlich von Sibirien.

Iva ist eine starke, „eigensinnige“ Frau. Sie lässt sich nicht verbiegen, ist niemandem gehorsam, gehorcht nur dem einen gültigen Gesetz und das ist der „Sinn für ihr Eigenes (Sein)“, wie es Hermann Hesse formuliert hat. Wer wie Iva „eigensinnig“ ist, ist stark, kann Dinge anpacken und den eigenen Weg gehen. Mutig, beharrlich und leidenschaftlich.

Doch Ivas weiblicher Eigensinn irritiert die vier Männer, manche bis zur Weißglut und Aggression. Frank, einer von ihnen, bezeichnet Ivas Eigensinn als „wilde Unart“, die er mit Gewalt und Strafe brechen, tilgen und disziplinieren will. So wie die Männer die arktische Insel okkupierten, um sie dem Britischen Empire einzuverleiben, so wollen sie Iva zwingen, sich ihnen unterzuordnen. Die Männer sind blind dafür, dass Iva direkt mit der Quelle ihrer Seins-Kraft verbunden und deshalb stark ist. Sie weiß, dass man in der arktischen Wildnis nur in einer solidarischen Gemeinschaft überleben kann. Doch dies bleibt den Männern verborgen. Im blinden Gehorsam gegenüber den Vorgaben der Politik, Religion und Konvention fühlen sie sich stark und als Heroen, mit Aussicht auf gesellschaftliche Karriere.

Die Expedition zur Landnahme der Insel nördlich von Sibirien war von Anderson, einem fanatischen, britischen Polarforscher organisiert worden. Er handelte aus weltpolitisch-strategischen Motiven im Namen des Britischen Empires. Als Polarforscher hatte er lange in Ivas Clan gelebt und sie geschwängert. Vor der Geburt des Kindes jedoch verließ er sie respektlos. Das Kind erkrankte an Tuberkulose, einer Krankheit, die von weißen Walfängern zu den Inuit eingeschleppt worden war.

Ivas Großmutter, Schamanin und Heilerin des Clans, konnte dem Kind nicht helfen. Da Iva Heilung für ihr Kind sucht, bricht sie aus den vorgeschriebenen Bahnen ihres eigenen Clanlebens aus: Sie will ihr Kind bei weißen Ärzten behandeln lassen und benötigt dafür Geld. Um es zu verdienen, heuert sie als Näherin bei Andersons Expedition an, obwohl ihr Clan dies verboten hatte.

Während der Expedition stellt Iva das egozentrische Verhalten der Männer immer wieder in Frage. Doch sie negieren alle ihre Bemühungen für solidarischen Gemeinsinn. Ohne Hass oder Rachegefühle aufzubauen oder sich auf einen Kampf mit den Männern einzulassen, erträgt Iva alle Zumutungen und Erniedrigungen. Sie ist stark. Dies zeigt sich auf berührende Weise, als sie ihrem größten Peiniger Frank sogar vergibt, bevor er stirbt.

Auch die anderen Männer gehen zu Grunde. Sie waren überzeugt, dass Anderson sein Versprechen halten würde, sie im nächsten Sommer von der Insel abzuholen. Dieses Vertrauen wurde enttäuscht. Ihr Glaube an die Macht des Empire und den versprochenen zukünftigen Reichtum erweist sich als tödliche Sackgasse. Als sie realisieren, dass das Evakuierungs-Schiff nicht kommt, eskaliert die Gewalt. Schließlich verspielen die Männer nicht nur ihr Leben, sondern auch die Trumpfkarte, für die sie ausgezogen waren, - die Insel. Auf ihrer Flucht über das Packeis Richtung Festland, schneidet ihnen ein Eisbrecher der jungen Sowjetunion den Weg ab, alle versinken im geborstenen Eis. Dann nimmt das Schiff Kurs auf die Insel. Milizen reißen den „Union Jack“ vom Fahnenmast und hissen die Rote Fahne mit Hammer und Sichel. Die Insel gehört nun der Sowjetunion. Die kanadisch-britischen Helden waren zu schwach und zu dumm, um in der arktischen Wildnis zu überleben.

Iva, die auf der Insel verblieb, bleibt am Leben. Sie weiß, wie dies möglich ist. Doch schließlich wird auch Iva einer großen Prüfung unterzogen. Sie gerät in die Fänge eines sensationsgierigen, kanadischen Boulevard-Journalisten, der nach zwei Jahren auf die Insel kommt, um über die vier Männer und ihre Inseleroberung eine Heldengeschichte zu schreiben. Als der Reporter nur Iva lebend vorfindet, verdächtigt er sie die Mörderin der vier Männer zu sein und bringt sie ins Gefängnis.

Im Gefängnis wird Ivas Kopf geschoren und die verhörenden Beamten konfrontieren sie mit rassistischen Vorurteilen. All dem kann Iva nichts entgegensetzen, nun scheint ihr „Eigensinn“ in Gefahr gebrochen zu werden. Sie hört auf zu sprechen, was die sadistischen Polizisten als „bockig“ und „stur“ interpretieren.

Crystal, die Schwester eines der vier Männer der Expedition, hat in der Zeitung von Iva gelesen. Sie ist Rechtsanwältin und schafft es, Iva gegen Kaution aus dem Gefängnis zu befreien. Doch kaum in Freiheit, will Iva die Flucht ergreifen. Crystal macht ihr verständlich, warum Flucht keine Lösung, sondern Gefahr bedeuten würde. Erst nach Abschluss ihres Strafverfahrens, kann sie die Stadt verlassen. Iva erkennt, dass sie in Crystal nicht nur eine engagierte Verteidigerin gefunden hat, sondern auch eine weibliche Autorität, die ihr – wie eine Mutter der Tochter – die Realität vermitteln kann, ohne sie von ihrem eigenen Weg abzubringen. Crystal ermutigt Iva überdies Anderson, den Vater ihres Kindes, der auch für das Scheitern der Expedition verantwortlich ist, zu treffen und zur Rede zu stellen.

Nach ihrem Freispruch kehrt Iva zu ihrem Kind und ihrem Clan zurück. Sie hat sich weit über die Grenzen ihrer Inuit-Welt hinaus gelehnt, ist daran aber nicht gescheitert, sondern gewachsen und nur noch stärker geworden.

Weiterführende Gedanken:

Ein One-Liner wie z.B. - „Eine Insel – vier Männer – eine Frau“ – wäre für diesen Film eine Option, würde man damit ein klassisches, männliches Heldenepos signalisieren wollen:

Vier starke, männliche Helden im Dienste des Britischen Empires okkupieren unter gefährlichen Umständen eine unbewohnte arktische Insel. Um das Abenteuer zu garnieren, gibt es auch Erotik mit einer Inukfrau und die Exotik der arktischen Landschaft.

Doch dieser Film ist genau das Gegenteil: Zwar verwendet das Drehbuch gezielt die Matrix des männlichen Heldenepos, stellt aber eine ungewöhnliche und starke Frau ins Zentrum der Erzählung. Diese bewusst gewählte Polarität ermöglicht die Entwicklung eines vielschichtigen Plots zum Thema „die Kraft der Frau“, „die starke Frau“. Der One-Liner „Eine Insel – vier Männer – eine Frau“ könnte daher auch für etwas anderes stehen: Eine, wie eine arktische Insel in sich ruhende Frau, ist stark. Sie lässt sich nicht okkupieren und Männer, die es trotzdem versuchen, scheitern.

Was macht die Stärke einer Frau aus? Darüber ist viel geschrieben und diskutiert worden. Oft leider im Sinne von: Stark sein heißt, wie ein Mann sein. Unzählige Filme zeigen solche Frauen: Mal ist es die den Männern überlegene Agentin; dann ist es eine, die wie Lara Croft, auch den physischen Kampf mit Männern aufnimmt und diese auch besiegt. Es sind Frauen, die durch männliche Verhaltensweisen ihre Karrieren bauen und Triumphe feiern.

Der Film „White Clouds Island“ will auf die Frage, was denn eine „starke Frau“ sei, eine andere Antwort geben und neue Perspektiven dieser wichtigen Thematik eröffnen. Er erzählt die Geschchte einer „starken Frau“, die in der Vergangenheit spielt, über die Gegenwart erzählt und einen Ausblick in die Zukunft geben kann.

Dokumente

The story
The principle characters
The script
Motivation der Autorin
Zurück
Zurück

Good morning, last hero!

Weiter
Weiter

Smile! The river of joy.