Unser Fernsehen- Fernsehen unser

1983

Inhalt

1981 formulierte das ORF Kuratorium den Bedarf nach einer medienkritischen Fernsehserie. Mit der Begründung, die beiden Gestalter Voitl und Guggenberger seien bekannt dafür, in ihren Arbeiten “Neuland des Denkens und Handelns” zu betreten, wurden sie 1982 mit der Konzeption und Herstellung einer 10-teiligen medienkritischen Sendereihe beauftragt.

Wer im Fernsehen Kritik am Fernsehen übt, begibt sich auf Glatteis. Das wussten die beiden Filmemacher, dennoch nahmen sie die Herausforderung an und erarbeiteten gemeinsam mit dem deutschen Medienwissenschaftler und Soziologen Dr. Dieter Prokop, sowie dem Schweizer Kommunikationswissenschaftler Dr. Christian Doelker ein inhaltliches Konzept. Es verstand sich als ein Angebot von Orientierungsmöglichkeiten, im elitären Sinn als ein Anbot von Bildungschancen. Die Serie sollte helfen, sich über das Medium Fernsehen ein Bild zu machen. Ohne Belehrung, ohne Rezepte. Kritisches Augenmerk legte das Konzept auch auf die Rolle der Journalisten. Die Serie “Unser Fernsehen - Fernsehen Unser” wendete sich daher gleichermaßen an Zuseher, wie an Macher und Bildungsinstitutionen.

Die Serie wurde auf dem damals neuen Videoformat U-Matic 3/4 Zoll produziert. Diese Videotechnik ermöglichte die Entwicklung einer spezifischen Bild-Sprache, die auch fließende Grenzen zum Experimentalfilm und dokumentarischen Performances aufweist. Der polnische Grafiker Jan Lenica gestaltete für jede Folge eine kurze, themenbezogene, animierte graphic novel mit satirischem Content.


Folge 1: 13.9.1983

Fernsehen ist wichtig, aber nicht das Wichtigste. Der Bildschirm spielt mittlerweile jedoch eine zentrale Rolle im Leben vieler Menschen. Deshalb ist der direkte und unmittelbare Kontakt zu Natur und Mitmenschen bedeutender denn je.

“Unser Fernsehen – Fernsehen Unser” läuft am Vorabend des Orwell‘schen Jahres 1984, und ist eine Einstimmung zu einer umfassenden Mediendiskussion, in deren Mittelpunkt nicht nur das herkömmliche Fernsehen stehen wird. Mit Kabel- und Satellitenfernsehen, mit Kommunikation via Glasfaser, mit Videobändern und Bildplatte, mit mikroelektronischer Büro-Haushalts- und Freizeittechnologie (Internet hat es damals in Österreich noch nicht gegeben) wurde der BILDSCHIRM zum Symbol einer Industrie, der bis zum Jahr 2000 die größten Wachstumsraten vorhergesagt wurden.

Die Auswirkungen dieses Trends sind klar: In nahezu jeder Wohnung der industrialisierten Welt steht mindestens ein Bildschirm, der Bilder liefert. Bilder, die vorgeben „die Welt zu sein". Bilder, die Wirklichkeit suggerieren und die die Menschen glauben lassen, live , d.h. wirklich dabei zu sein.

Die Gefahr des Bildschirms - und damit auch des täglichen Fernsehkonsums - besteht darin, dass dieser zweidimensionale Vermittler von den fünf Sinnen des Menschen bestenfalls zwei, - nämlich Augen und Ohren - beansprucht. Wirklichkeitserfahrung über Geruch, Geschmack und Tastsinn findet via Fernsehen nicht statt. Die Wiese am Bildschirm ist nur ein Bild. Um zu erleben und zu begreifen, was eine Wiese wirklich ist, genügt es nicht, sie im Fernsehen zu sehen. Starke, vielfältige Erfahrungen aus unmittelbaren Erlebnissen, der direkte und persönliche Kontakt zu Natur und Mitmenschen sind - als Ausgleich zum Fernsehen - notwendiger denn je.

Folge 2: 20.9.1983

Politik muss “fernsehgerecht” sein, um anzukommen. Aber auf der Bühne des Fernsehens wird Politik allzu oft zur Show. Deshalb müssen Zuseher lernen die Show vom Inhalt zu trennen. Täglich - bis zu den Spätnachrichten - vermittelt das Fernsehen Informationen. Informationen unter's Volk zu bringen ist Journalistenhandwerk. Keine Kunst also, auch kein Fließbandjob, sondern Handwerk; Handwerksarbeit, die rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr geleistet werden muss.

Der Weg bis zur Nachrichtensendung ist ein Parcours mit zahlreichen Hürden, an denen Journalisten und Journalistinnen, wie auch Informationen, scheitern können. Das WAS, die Nachrichtenauswahl, ist die schwierigste Hürde, gefolgt von der Hürde WIE: Was könnte, was sollte, was müsste und was kommt schließlich wie auf den Bildschirm? Welche Themen und wie sind sie “umgesetzt”, “aufbereitet”, wie präsentiert?

Der Großteil des Informationsangebots ist politische Information. Politik wird fast ausschließlich durch Medien, und am wirkungsvollsten durch das Fernsehen, vermittelt. Kein Wunder also, dass viele Politiker der Meinung sind, ihre Politik brauche bloß “fernsehgerecht” sein, um anzukommen. Eines ist klar: Das Verhältnis zwischen Politik und Journalismus beeinflusst das “Bild der Politik”, das allabendlich in die Wohnungen geliefert wird. Obwohl das Rundfunkgesetz der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt einen klaren Auftrag zur umfassenden und objektiven Berichterstattung gibt, es sind immer Menschen, die Informationen auswählen, verkürzen, zusammenfassen, und präsentieren. Subjektive Gefühlsnuancen und Auswahlkriterien sind nie ganz auszuschließen.

Folge 2 von “Unser Fernsehen - Fernsehen Unser” zeigte das Bemühen der Journalisten und Journalistinnen um die zeitgerechte Bewältigung von Informationsquantität, wies aber auch darauf hin, dass Informationsarbeit und Informationssendungen nicht zur Show ausarten sollten.


Folge 3: 27.9.1983

Neben Schlaf und Arbeit ist Fernsehen der drittgrößte Zeitverbraucher. Sollten wir nicht beginnen uns diese Zeit zurückzuerobern? Viele Menschen wollen “abschalten”, wenn sie das Fernsehkastl einschalten. Vom Fernsehen erwarten sie sich Unterhaltung: lustig, simpel und möglichst problemlos. Der Kulturpessimist spricht von “Verdummung” und will die seichte Unterhaltung am liebsten aus dem Programm streichen.

Fernsehmacher, wie Fernsehkonsumenten, aber auch Fernsehkritiker, wie Fernsehforscher tun sich schwer mit dem Begriff Fernseh-Unterhaltung. Der Seufzer “Unser Fernsehen - Fernsehen Unser” ist daher auch bei Folge 3 der medienkritischen Sendereihe besonders tief ausgefallen. Nicht ganz ohne Grund, ist doch das Niveau mancher Unterhaltungssendungen wirklich nicht als hoch zu bezeichnen. Aber mit der Frage nach dem Niveau wird bereits wieder an Grundsätzlichem des Problems gerührt.

Ab welchem Niveau wird Lachen niveaulos? Welches Niveau ist Maßstab für Unterhaltungssendungen? Das der Macher oder das der Zuseher? Oder gibt es eine geheimnisvolle Gesetzmäßigkeit, die, wie bei einer Wünschelrute, das Fernsehunterhaltungsniveau meist nach unten ausschlagen lässt?

Vielfach ist es die Bequemlichkeit (eine Form der Faulheit), die den vom Alltag gestressten Zuseher an den Sessel vor dem Fernsehapparat fesselt. Somit werden oft auch Programme konsumiert, über deren Niveaulosigkeit der werte Zuseher sich insgeheim ärgert. Und Ärger über sich selbst macht sich dann bei vielen breit, weil sie wiederum der Bequemlichkeit auf den Leim gegangen sind und wertvolle Zeit vergeudet, haben.

“Unser Fernsehen - Fernsehen Unser” kann und will keine Rezepte verschreiben. Es liegt in der Eigenverantwortung jedes Menschen sich seine Zeit einzuteilen, sie zu nützen, sie sich nicht stehlen zu lassen. Nur selten wird jene Zeit, in der man sich in unmittelbarem Kontakt mit Freunden und Mitmenschen unterhält, oder selbst zur Unterhaltung beigeträgt, als vergeudete Zeit empfunden.


Folge 4: 11.10.1983

Fernsehen ist Massenkultur. “Echte” kulturelle Werte seien dadurch gefährdet, meint der Kulturpessimist. Aber Fernsehen bringt auch nahe, woran viele nicht persönlich teilnehmen können. Eben deshalb ist das gezielte Auswählen aus einer Vielfalt von Programmangeboten der Weg zu “kulturbewusstem Fernsehen”. “Nein, diese Suppe ess‘ ich nicht!", meint der durchschnittliche Fernseh-Zuseher und schaltet um. Vom Kulturprogramm aufs Unterhaltungsprogramm. Dieser allabendliche “Programmslalom” macht gehöriges Kopfzerbrechen. Medienforscher, Pädagogen, kulturengagierte Politiker, Weltverbesserer und Erwachsenenbildner stehen fassungslos vor dem Phänomen der Kultur- und Bildungsunwilligkeit.

Kultur im Fernsehen - was ist das? Die Übertragung einer Oper? Eines Fußballmatches? Das eine gilt als die “hohe Kultur”, die Elitekultur, das andere als “niedere”, als Massenkultur. Weil das Fernsehen beides überträgt und vermittelt, stellt es Elite ¬ und Massenkultur gewissermaßen auf eine “Bildschirm-Ebene”. Das Fernsehen kann und muss (laut Rundfunkgesetz!) beides anbieten. Das Fernsehen kann und darf Menschen aber weder zu dem einen noch zu dem anderen zwingen. Über Lust oder Pflicht zur Bildung und Teilnahme an Kultur hat der Zuseher selbst zu entscheiden!

Allerdings: Das Medium Fernsehen selbst, mit seiner Technik und Ästhetik, seinen Produktionsmethoden, Gestaltungsformen, Budget- und Programmschemata bevorzugt die Vermittlung sogenannter Massenkultur.

Das Fernsehen ist ein “schnelles” Medium. Die Möglichkeiten des Schnitts, die Vielfältigkeit der Ton- und Bildkombinationen, die Unmöglichkeit die Sendung an einem bestimmten Punkt “anzuhalten”, an interessanten und schönen Stellen zu “verweilen” - das alles ergibt eine Vermittlungs-Geschwindigkeit, die der zum Wahrnehmen kultureller und bildungsorientierter Werte notwendigen “Be-SCHAU-lichkeit” diametral entgegengesetzt ist.

Deshalb Vorsicht! Wer nur das Fernsehen, das schnelle Medium für wahr nimmt, riskiert den Irrtum; ein enger Horizont kann die Folge sein.


Folge 5: 18.10.1983

Fernsehen kann informieren und Zusammenhänge klar machen. Fernsehen kann aber auch verschleiern und Zusammenhänge ignorieren. Eben deshalb soll über den Nutzen, ¬ Chancen und Gefahr des Fernsehens der Zuseher selbst entscheiden.

Das Massenmedium Fernsehen fasziniert. Jeden Abend vollziehen mehrere Millionen Menschen einen Bruch mit ihrer beruflichen und familiären Alltagswelt und werden zu Fernsehkonsumenten. Es ist ein Ritual: Eben noch müde, emotionslos, abgespannt, fällt der Alltagsmensch in den Bildschirm und erlebt – ohne viel Anstrengung - Spannung, Gefühle, Aufregung, Identifikation. Er ist fasziniert.

Ist diese Faszination das geheime Werkzeug für Suggestion und Manipulation? Anders formuliert: Manipuliert das Fernsehen? Schützt der Objektivitätspassus im Rundfunkgesetz vor der Gefahr einer Manipulation, die durch das Interesse des Medienkonzerns bedingt ist, nämlich möglichst viele Zuseher allabendlich zu faszinieren? Ist also die publikums-geschmack-konforme, d.h. auf Faszination abgestimmte Herstellung von Programmen nicht bereits eine Form von Manipulation? Ist es nicht auch Manipulation, wenn gewisse Bereiche des Alltags deshalb nicht im Programm aufscheinen, weil anzunehmen ist, dass sie nicht nach dem Geschmack des Publikums sind? Ist es nicht auch Manipulation, wenn Kameramann und Redakteur geilen Auges nur die Sensation suchen und an Unscheinbarem vorübergehen?

Wer soll auf wen den ersten Stein werfen? Das Publikum auf die Fernsehmacher, weil in ihren Produkten fast immer nur die faszinierenden Klischeefantasien vorkommen, oder die Macher auf das Publikum, weil es durch hohe Einschaltquoten beweist, dass es die Klischeefantasien immer wieder sehen will?

Das Manipulationskarussell beruht auf Gegenseitigkeit. Daraus befreien kann sich nur wer selbst, direkt und unmittelbar Gefühle hat und vermitteln kann.

Wer verliebt ist, erregt ist, mit Freunden lacht und scherzt, wer weinen kann und das Fürchten nicht verlernt hat, der braucht das Fernsehen kaum. Er kann sich den Klischeedarstellungen von Wirklichkeit entziehen.

Folge 6: 25. 10. 1983

Das Fernsehen ist in den meisten Familien fester Bestandteil des Alltags. Für viele Kinder ist Fernsehen zum Ersatzerlebnis geworden. Eben deshalb sollten Fernsehanstalten weniger stolz auf hohe Einschaltquoten bei Kindern sein.

Kindheit ist heute Fernsehkindheit. Nicht selten ist das Fernsehgerät ein unentbehrliches Familienmitglied. Um den Fernseh-Alltag von Familien näher kennenzulernen, ver¬legte das Fernsehteam seinen Standort 14 Tage lang in eine Schule. Gemeinsam mit Schülern, Lehrern und Eltern des BRG Traun versuchten die Gestalter dem Fernsehalltag von Zusehern auf die Spur zu kommen: 15- bis 16jährige haben in ihrem Leben schon rund 6.000 Stunden vor dem Bildschirm verbracht. Die durchschnittliche Zeit, die eine Familie vor dem „Kastl" ver¬bringt, sind zwei Stunden pro Tag. Es gibt „Vielseher", die auch vier bis sechs Stunden fernsehen.

Ca. 7 % der Bevölkerung lehnt das Fernsehen ab. Welche Rolle das Fernsehen in den Familien spielt und wie dann auch Kinder das Fernsehen nützen, hängt wesentlich davon ab, wie erwachsene Familienmitglieder damit umgehen. Es gibt Kinder, für die ist Fernsehen zum „Ersatz-Erlebnis" geworden. Sie sind es von klein auf als Babysitter und Geschichtenerzähler gewöhnt und ihre Lebens- und Wohnumstände sind so erlebnisarm, dass das Fernsehen für sie das wichtigste Abenteuer darstellt. Oft haben solche Kinder im Umgang mit Menschen und Umwelt Schwierigkeiten. Besonders im Kontakt zu Tieren kommen solche Schwierigkeiten zum Ausdruck.

Wie wird der Fernsehalltag der Familien im Jahr 2000 aussehen? Dann wird der „beschauliche Fernseh-Alltag" von heute nicht mehr zu erkennen sein: nicht zwei, sondern zwanzig und mehr Programme wird es zur Auswahl geben. Was dann?

Die Familien sind schon heute herausgefordert, sich über den Stellenwert des Fernsehens im Rahmen ihrer Gemeinschaft Gedanken zu machen. Vor allem Eltern müssten sich bewusst werden, dass das Fernsehprogramm nichts anderes ist als ein Konsumanbot, aus dem man sorgfältig auswählen muss.

Folge 7: 8.11.1983

Wie Mann und Frau in Fernsehserien oft dargestellt werden, entspricht einem längst überholten Klischee. Eben deshalb sollte mit Klischeevorstellungen gebrochen werden. Fernsehen ist ein berüchtigter „Zärtlichkeits-Killer". SIE wie auch ER sitzen vor dem Bildschirm, während SIE lieber mit IHM und ER lieber mit IHR nicht fernsehen, sondern- weiß Gott- was anderes machen würde. Ein Sketch zeigt wie Zärtlichkeit und Sex an einer Fußballübertragung scheitern.

In dieser Folge wird aber auch das Fernsehprogramm und die·Berufswelt der Fernsehmacher unter die Lupe genommen. Fernsehanstalten im In- u Ausland sind fest in Männerhand und das von ihnen verantwortete Programm spiegelt längst überholte Klischees von „typisch Mann" und „typisch Frau" wider. Auch einzelne Sparten der Fernsehbranche gelten noch immer als „typisch männliche" oder „typisch weibliche" Berufe mit Ausschließlichkeitscharakter. So ist „Programm-Ansage“ den Frauen zugeordnet, Sportberichterstattung wird von Männern ausgeübt. Als „undenkbar“ gilt, dass eine Frau ein Fußballmatch kommentiert. Sport ist auch im ORF Männersache, ebenso die Kamera. Beim Schweizer Fernsehen werden seit zwei Jahren auch Frauen ausgebildet. In Deutschland und Holland gibt es KameraFRAUEN. Für die Dreharbeiten zur Serie „Unser Fernsehen – Fernsehen Unser“ haben die Gestalter eine Kameraassistentin engagiert. Vielleicht schafft sie es, in diesen „Noch-Männerberuf“ einzusteigen.

Folge 8: 15.11.1983

Für viele alte, oft einsame Menschen wird Fernsehen zum Ersatz für Gemeinschaft, da Gespräche, Begegnungen und liebevolle Zuwendung von Mitmenschen fehlen. Fernsehen zählt zu den beliebtesten Beschäftigungen alter Menschen. Informationssendungen sind für sie die Brücke zur Welt, alte Spielfilme wecken Erinnerungen an Vergangenes. Die Zeiten, als sie ihre Familie täglich beim Essen trafen, sind vorbei. Ehepartner sind verstorben, Kinder und Enkelkinder gehen ihre eigenen Wege. Kann Fernsehen diese soziale Isolation mildern? Ist es ein Ersatz für Gespräche, Begegnung, Liebe? Wohl kaum. Doch zumindest indirekt am Weltgeschehen und am Leben anderer teilzunehmen, das bietet Fernsehen schon.

Für gehörlose oder schwerhörige Zuseher ermöglicht der sogenannte Teletext Teilnahme an Information und Unterhaltung im Fernsehen. Der ORF baut derzeit sein Untertitelungs-Service für Gehörlose aus.

Folge 9: 22.11.1983

Es gibt Bereiche und Themen des Alltags, die von großen Fernsehanstalten kaum berücksichtigt werden. Gibt es für Informationen „von unten“ überhaupt Platz im „Mainstream-Medium”?

Untersuchungen bestätigen einen neuen Trend: Der „Muff" etablierter Massenmedien interessiert junge Menschen nicht mehr. Einige produzieren daher bereits selbst Fernsehen und andere Medien. Elektronische Innovationen im Bereich der Produktionstechnik begünstigen diesen Trend. Noch nie war es so leicht und auch so billig alternatives Fernsehprogramm herzustellen und auch zu senden.

Nach den Gründen der "Verweigerung" befragt, geben die Jungen an: Zu viele Themen, die ihnen wichtig erscheinen, werden von etablierten Medien missachtet, vernachlässigt, gar nicht verstanden. Zum Beispiel Themen wie Ökologie und Umweltschutz, Frieden, Gesundheit, Entwicklungshilfe, Kommunalpolitik, Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten, sehen sie kaum oder nur oberflächlich und ohne Einfühlungsvermögen behandelt.

Anhand von drei Beispielen zeigt diese Folge wie Fernsehen gemacht wird, wenn es nicht von großen zentralen Fernsehanstalten, sondern im kleinen, lokalen Bereich produziert wird. In Wil, Kanton St. Gallen, gibt es ein Pilotprojekt für "Lokales Fernsehen": Fernsehen und Radio von Bürgern für Bürger. In Freiburg/BRD stellt eine "Medienwerkstatt" Gegenöffentlichkeit her: Bilder und Informationen "von unten", aus jenen lokalen und subkulturellen Bereichen, die zentrale, monopolistische Fernsehanstalten nicht im Programm haben. In Amsterdam sind es "Piraten", die lokales Fernsehen betreiben. Piraten, die durch ihre Sendetätigkeit viel Wirbel in die Mediendiskussion gebracht haben.

Folge 10: 29.11.1983

Tatsache ist, dass es auch Fernsehsucht gibt. Sie führt zu Erstarrung, Entfremdung und Isolation. Das Fernsehen deshalb abzuschaffen ist aber nicht die Lösung. Es jedoch selektiv und gezielt zu nutzen schon.

Die zehnte und letzte Folge greift viele Aspekte der medienkritischen Sendereihe noch einmal auf und führt sie in eine gedachte Zukunft. Unser Fernsehen - Fernsehen Unser! Was heißt das, Fernsehen ist wie Essen und Trinken mit den Augen? Es heißt: auch die tägliche Bilderflut kann unverdaulich sein! Weil schlecht zubereitet und/oder weil maßlos konsumiert. Aber weder für „richtiges“ Essen", noch für „richtiges Fernsehen" gibt es Patentrezepte. Die Qualität der „Fernseh-Kost" ist ein Problem der Köche, d.h. der Fernseh-Macher. Doch wieviel von der angebotenen Kost täglich eingenommen werden kann, diese Entscheidung liegt ausschließlich beim Konsumenten.

Ist das Fernsehen „schuld“, wenn Menschen zu viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen?

Diese Folge zeigt, wohin es führt, wenn in einem sinnentleerten Leben das Fernsehen zur einzigen Zuflucht wird, wenn Fernsehen zum Ersatz für menschliche Beziehung und Kommunikation geworden ist. Fernsehen kann immer nur ausschnitthafte Informationen über Wirklichkeiten vermitteln, die ganze Wirklichkeit selbst jedoch nie. Diese Tatsache ist im Bewusstsein vieler Menschen sehr wenig verankert. In der Beurteilung der künftigen Rolle des Fernsehens genügt jedenfalls nicht ein Pro- oder Contra-Standpunkt. Wichtig ist ein Bewusstseins Wandel im Umgang mit dem Fernsehen. Und zwar sowohl bei den Machern als auch bei den Zusehern.

Credits

Folge 1, Folge 2, Folge 3, Folge 4, Folge 5, Folge 6, Folge 7, Folge 8, Folge 9, Folge 10

Fotos

Video

Video-Block
Hier doppelklicken um eine Video-URL oder Einbettungscode hinzuzufügen. Mehr erfahren
Inhaltliches Konzept
Artikel über Jan Lenica
Broschüre Unser Fernsehen Fernsehen Unser
Korrespondenz Jan Lenica
Analyse der Arbeit
Korrespondenz Loriot
Sprechertexte 1 - 10
Zurück
Zurück

Patient Natur

Weiter
Weiter

Bruder Baum - Mutter Erde