Wie-Was-Werbung
1979
Inhalt
Für alles wird geworben. Mit Plakaten, Inseraten, auf Verpackungen, in Spots im Radio, Fernsehen und Kino. Werbung zeigt eine „heile Welt“, bunt lustig und bewegt. Konsum ohne Werbung – unvorstellbar! Der Film verweist auf das Anliegen, dass auch für humanitäre, soziale und gesellschaftliche Anliegen das Instrumentarium des Werbespots verwendet werden sollte. “Soziale Werbung” hat Zukunft.
Credits
Fotos
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Presse
19790306 Mix, Mix 1, Mix 2, 19790313 Die Glocke, Düsseldofer Nachrichten, Frankfurter Neue Presse, Passauer Neue Presse, 19790314 Main Post; 19790317 Südhessische Post, Wochenpresse, 19790325 Der Tagesspiegel Berlin,
Weiterführende Notizen
Werbung ist die Beeinflussung (Meinungsbeeinflussung) von verhaltensrelevanten Einstellungen mittels spezifischer Kommunikationsmittel, die über Kommunikationsmedien verbreitet werden. Durch die kostenintensive Belegung von Werbeträgermedien, wie zum Beispiel Fernsehen, ist es das bedeutendste Instrument der Marketingkommunikation.
Bei einem Werbefilm ist alles wie auf einem Exerzierfeld durchgeplant, mit raffiniert inszenierter Emotionalität, mit dem Postulat des absolut Richtigen und einer Überzeugungs-Raffinesse, die reiner Propaganda gleichzusetzen ist. Alles abgestimmt auf die erforschten psychischen und psychologischen Reaktionen, Erwartungen und Verhaltensweisen potenzieller Nutzer der beworbenen Ware. Um die Wirksamkeit eines Produkts zu glorifizieren, werden jedoch viele die Realität verschleiernde, technische Tricks angewendet.
Improvisation statt Planung wäre eine gegenteilige Methode eine Filmerzählung entstehen zu lassen. In Voitls Filmarbeit spielte Improvisation stets eine wichtige Rolle. Improvisieren zu können ist für ihn eine Fähigkeit, die insbesondere im Dokumentarfilmbereich eine wichtige Rolle spielen sollte. Voitl lernte die Bedeutung der Improvisation auf seiner fast drei Jahre (1959 bis 1962) dauernden Reise kennen, als er als Hitch Hiker ohne materielle Absicherung quer durch Asien und Australien „on the road“ trampte. Von einer Stunde zur anderen konnte er damals nicht wissen, wie es weiter geht. Zwar ahnte er mit Sicherheit, dass es weiter gehen würde, aber den nächsten Schritt, also das Verlassen des gegenwärtigen Moments in Richtung Zukunft, den vertraute er der Improvisation an. Es gab immer ein Ergebnis, besonders wertvoll war es dann, wenn es anders als vorhersehbar eintraf. Es ergab sich stets etwas Neues. Mit dieser Haltung ging Voitl später auch an sein filmisches Schaffen heran, bei Gesprächen setzte er kein bestimmtes Ziel voraus. Er bevorzugte es mit Menschen aus dem Stegreif zu sprechen, ohne Vorbereitung, ohne Handzettel und ohne Drehbuch.
Selten, sehr selten zeigt Fernsehen, was es können würde, wenn Programmverantwortliche und Gestalter mehr Improvisation zuließen. Selten gibt es Programme, wo klar ist, dass hier kein Drehbuch zugrunde lag, dass Authentizität über Regieanweisungen stand, ja, wo sogar ein Bekenntnis zur Naivität und einem gewissen Dilettantismus vorlag. Improvisation kann ihrer (der Kunst) inhärenten Rolle im konventionellen Schaffen für das Fernsehen kaum wirksam werden.
Voitl und Guggenberger bedienten sich bei der Gestaltung ihrer Filme einer Mischform von Planung und Improvisation. Ihr Bekenntnis zum Wert von Improvisation erschwerte ihnen vielfach das Arbeiten, da ja das System einer Fernsehstation stets auf abgesicherter Planung fußte. Selbst das Argument, dass Improvisation im Erforschen und Erschaffen von Wissen und dessen Vermittlung (was ja eine Uraufgabe auch des öffentlich-rechtlichen Mediums sein sollte) häufig als künstlerischer Prozess angewendet wird, dieses Argument half gegenüber starre bürokratischen Strukturen nicht.
Die Konfrontation mit dem Unvorhersehbaren empfand Voitl immer als besondere Herausforderung und als besonderes Geschenk, sei es bei Recherchen oder bei Dreharbeiten.
So und ähnlich waren die Vorausgedanken zu dem Film ‘Wie-Was-Werbung’. Für Voitl und Guggenberger war klar, dass es nichts Improvisationsloseres gibt als die Herstellung eines Werbefilms. Auf Basis des statistisch erforschten und genau definierten Wunsch- Begehrlichkeits- und Nutzerverhaltens des Konsumenten und dessen erwiesener Ablehnung von Aufklärung wie die Scheinwelt der beworbenen Produkte und Waren zustande kommt, erfolgt die sukzessive Prägung zukünftiger Nutzer, die ohne Belobigung durch Konsum nicht mehr leben können.
Voitl und Guggenberger räumen ein, dass ihnen mit ‘Wie-Was-Werbung’ die Umsetzung obiger Gedanken nur bedingt gelungen ist. Allerdings wären das umfangreiche Bild- und Tonmaterial und daraus geschnittene Sequenzen und Erzählungen eines historischen wie modernen Markt- und Werbesystems durchaus geeignet, Nachdenken auszulösen.