Polarforschungsstation
Die österreichische Polarexpedition von Julius Payer und Carl Weyprecht, die 1873 zur Entdeckung des hocharktischen Archipels Franz Josef Land führte, filmisch nachzuerzählen, war ein Vorhaben, welches Helmut Voitl schon in den 1970er Jahren realisieren wollte. Doch damals war der Archipel militärisches Sperrgebiet der Sowjetunion und an Dreharbeiten am Originalschauplatz war nicht zu denken.
1990 änderten sich unter Michail S. Gorbatschow die Rahmenbedingungen. Voitl und Guggenberger hatten von 1989 bis 1991 einige Dokumentarfilme in der Sowjetunion produziert und sich bemüht eine Drehgenehmigung für Franz-Josef-Land zu bekommen. 1990 lag diese vor und sie konnten ein Konzept für ein vielgestaltiges Projekt zum Thema Franz Josef Land entwickeln.
Das russische Arctic Antarctic Research Institut (AARI) in St. Petersburg sagten zu das Filmprojekt zu unterstützen und stellte den Kontakt zur den russischen Expeditionsspezialisten der Agentur VICAAR (Victory in Arctic and Antarctic) her. Dies war eine private Firma, die 1991 von Mitarbeitern des AARI gegründet worden war, um Expeditionen in der russischen Arktis logistisch zu unterstützen. Die Kooperationszusagen von AARI und VICAAR waren ausschlaggebend um die Realisierung des Projektes vertrauensvoll anzugehen.
Das AARI unterbreitete überdies einen interessanten Vorschlag: Das für Filmarbeiten auf Franz-Josef-Land notwendigerweise zu errichtende Basislager sollte nach Abschluss der Dreharbeiten als „Kern einer internationalen polaren Forschungsstation“ aufrechterhalten und weiterverwendet werden. Zu diesm Zeitpunkt, 1991, war Franz Josef Land bis auf zwei sowjetische Wetterstationen nicht besiedelt. Um mehrmonatige Dreharbeiten auf dem hocharktischen Archipel (ca. 800 km südlich des Nordpols auf 86° n.B.) zu ermöglichen, war die Errichtung eines gut ausgestatteten Basislagers (für 30 bis 40 Personen), welches für mehrere Expeditionen zur Verfügung stehen sollte, eine conditio sine qua non. Es erschien durchaus sinnvoll, diese Infrastruktur sowohl für Filmarbeiten, als auch für wissenschaftliche Arbeit zu nutzen. Voitl und Guggenberger hofften, dass Österreich an die von Carl Weyprecht begründete Polarforschung anknüpfen und im Rahmen der ORF-Filmexpeditionen erste konkrete Schritte setzen würde, diese wiederzubeleben.
Voitl und Guggenberger nahmen Kontakt zu österreichischen Wissenschaftlern, sowie zum Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung auf und präsentierten die Idee russische, sowie österreichische Wissenschaftler einzuladen an den ORF Expeditionen teilzunehmen, um auf Franz- Josef-Land Forschungsprojekte durchzuführen.
An allen Arktis-Nordost-Expeditionen nahmen russische und österreichische Wissenschaftler teil und nutzten bis 1997 die ORF-Expeditionsbasis. Darüber hinaus erfolgten Machbarkeitsstudien für die Errichtung einer dauerhaften Polarforschungsstation: Während der Sommerexpedition 1992 erkundeten österreichische (Univ. Prof. Dr. Heinz Slupetzky und Univ. Prof. Dr. Fritz Seewald) und russische Experten (Viktor Serov und Valerij Ippolitov) auf der Insel Jackson mögliche Standorte für den Bau einer Polarforschungsstation. Der renommierte österreichische Architekt, Univ. Prof. Dr. DI. Arch. Anton Schweighofer war ebenfalls vor Ort und entwickelte in der Folge bereits Entwürfe für den Bau dieses Gebäudes. Schweighofers Pläne fielen sowohl in Russland wie auch international auf fruchtbaren Boden.
In Österreich wurde diese Initiative jedoch leider bald sabotiert. Destruktive, parteipolitisch motivierte Angriffe des FPÖ-Funktionärs Walter Meischberger auf den ORF und sein Milleniums- Projekt „Arktis Nordost“ (der Bau einer Polarforschungsstation stand damit im Zusammenhang) eskalierten zu einer medialen Schlammschlacht, die schließlich auch zum Stopp des Projektes “Polarforschungsstation” führte. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF) nahm vom Projekt Abstand. Dieser “Rückzieher” ist definitiv im Zusammenhang mit dem negativen politischen Umfeld rund um das Projekt “Arktis Nordost” zu sehen. Die Unterzeichnung eines bereits fertig formulierten Kooperationsvertrages zwischen ORF und BMWF war damit obsolet.
Über 30 Jahre danach:
Der FPÖ-Politiker Walter Meischberger, der mit falschen und polemischen Behauptungen das ORF-Projekt „Arktis Nordost“ zu Fall bringen wollte, wurde im März 2025 rechtskräftig wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt…
Der Archipel Franz Josef Land wurde von Wladimir Putin wieder zur militärischen Sperrzone erklärt. Auch russische Wissenchaftler (z.B. Maria Gavrilo) mußten ihre Forschungsprojekte auf Franz Josef Land abbrechen. Auf der Insel Alexandraland wurde ein riesiger russischer Militärstützpunkt errichtet, einer der bedeutendsten Militärkomplexe Russlands. Die Arktis könnte zukünftiges Kriegsgebiet sein… Denn ihre Bodenschätze, die in Folge des Klimawandels leichter zugänglich sein werden, sind ein geopolitischer Zankapfel; militärische Konflikte in dieser Region sind nicht auszuschließen.